Daimler
Die neue Mercedes M-Klasse
kommt zur IAA im Herbst
Drei Tage nachdem Mercedes bestimmten Medien die neue M-Klasse vorgestellt hat, dürfen nun auch alle anderen darüber
berichten. Die inzwischen dritte Generation des SUVs aus US-Fertigung wird ein bisschen edler, etwas schöner, im
Grundsatz sicherer – und merklich sparsamer.
Optisch bietet der neue Mercedes ML keine Überraschungen, und das nicht nur wegen der schon eine Weile kursierenden
Erlkönig-Bilder. Die Stuttgarter sind der bisherigen Linie der M-Klasse ganz überwiegend treu geblieben; insbesondere die
charakteristische Gestaltung des dritten Seitenfensters und der C-Säule sorgt gewollt für einen hohen Wiedererkennungswert.
Im übrigen trägt natürlich auch die M-Klasse jetzt den großen, aufrechten Kühlergrill. Weitere Merkmale sind die
nun geteilten Heckleuchten mit LED-Innenleben, das mit seiner Lichtleitertechnik im Bereich des Schlusslichts etwas
an BMW erinnert. Die Flanke erfreut das Auge durch den Verzicht auf allzu große "Charakterlinien", insbesondere die
leichte Kante über den Türgriffen setzt sich am Heck elegant fort. Die Dachlinie der M-Klasse verläuft im hinteren Bereich etwas
flacher, was das Auto zusammen mit der wohl abgesenkten Bodenfreiheit mehr in Richtung Limousine rückt.
Die Maßnahme, die man am Duo VW Touareg / Porsche Cayenne bereits gesehen hat, dient einerseits der optischen
Zurückhaltung - große Autos gelten in der unwissenden Öffentlichkeit schnell als nicht zeitgemäße Spritfresser,
auch wenn sie dies gar nicht sind: Eine höhere Effizienz nämlich ist andererseits das Ziel, das mit gesenktem
Luftwiderstand erreicht wird. Die neue M-Klasse kommt auf einen Cw-Wert von 0,32 und damit auf den Bestwert
unter ihresgleichen, jedenfalls in der schwächsten Ausführung mit Vierzylinder.
Vierzylinder? Ja. Was in der S-Klasse geht, muss auch in der M-Klasse gehen, und so hat Mercedes den
2,1-Liter-Diesel, den sie so gern als 2,2 Liter bezeichnen, in seiner stärksten Ausführung mit 204 PS
auch in den Offroader gepflanzt. Er ist damit genauso stark wie der bisherige ML 300 CDI mit dem
abgeschwächten Sechszylinder, was auch für das Drehmoment von jeweils 500 Nm gilt. Während der V6
im auslaufenden Modell noch mit einem Normverbrauch von 8,4 bis 9,1 Liter gelistet ist - Mercedes hält
an solch unüblichen, großen Spannen fest -, schafft der neue die gleiche Übung mit 6,0-6,5 Litern.
Das ist ein Wort, vor allem, weil Allradantrieb dabei wohlgemerkt an Bord ist; eine nur heckgetriebene
M-Klasse erspart Mercedes den Kunden jedenfalls zunächst.
Der Sechszylinder bleibt aber ebenfalls erhalten. Mit nun 258 statt 237 PS Leistung kommt er auf 6,8-7,4 Liter
Verbrauch, fast 25 Prozent weniger als der bisherige, allerdings auch nicht allzu gute Wert. Zum Vergleich:
Der VW Touareg V6 TDI ist mit 7,2 Litern gelistet, der BMW X5 xDrive30d mit 7,4. Der Konkurrenz weiter voraus ist Mercedes
beim Thema Abgasreinigung: Ein SCR-Kat mit AdBlue-Additivierung ist bei beiden Dieseln serienmäßig,
und damit erstmals auch die EU6-Einstufung. Die Modelle heißen demzufolge
BlueTEC statt BlueEFFICIENCY, und Mercedes ist sich nach wie vor nicht zu schade
dafür, entsprechende Schildchen auf die vorderen Radhäuser zu kleben.
Auf der Benzinerseite liefert Mercedes vorläufig nur den ML 350 BE mit nun 306 PS und 8,5 statt 11,4 Litern
Verbrauch; V8-Varianten von Mercedes (ML 500) und AMG (ML 55 AMG) dürften folgen. Der Tankinhalt sinkt von 95 auf 70
Liter, gegen Aufpreis liefert Mercedes aber weiterhin immerhin 93 Liter.
Die zweifellos merklich erhöhte Effizienz ist begründet durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Zwar wird die M-Klasse
nicht leichter, immerhin aber auch trotz zusätzlicher Ausstattungen nicht schwerer. Die Ingenieure haben neben
der erwähnten Aerodynamik insbesondere die 7-Gang-Automatik überarbeitet, das bisher fehlende Start-Stopp-System
integriert, Öl- und Wasserpumpe sowie Klimakompressor mit einer bedarfsgerechten Steuerung versehen, die Lenkung
elektrifiziert, die Abgasanlage optimiert, Leichtlaufreifen zum Standard gemacht und nicht zuletzt umfangreiche
innermotorische Detailarbeit betrieben.
Erstmals verfügt das Fahrwerk der M-Klasse mit Stahlfederung über eine selektive Dämpfung, optional liefert
Mercedes wieder eine Luftfederung. Ausschließlich für die V6-Modelle ist ein Offroad-Programm serienmäßig;
wer tatsächlich ins Gelände will, kann ein "ON&OFFROAD-Paket" bestellen, das nicht nur sechs spezielle
Fahrprogramme beinhaltet, sondern auch einen Unterfahrschutz, ein zweistufiges Verteilergetriebe mit
Untersetzung, eine Längsdifferenzialsperre und erweiterte AIRMATIC-Funktionen, die eine maximale Bodenfreiheit
von 28,5 Zentimetern sowie eine Wattiefe von 60 Zentimetern ermöglichen.
Im übrigen verspricht Mercedes einen wesentlich gesteigerten Geräuschkomfort, den besten Wendekreis im Wettbewerbsumfeld,
der mit 11,8 Metern allerdings etwas schlechter als bisher ausfällt, und mehr Ellebogenfreiheit für Front- und Fondpassagiere.
Inwieweit dies auf gewachsene Karosseriemaße zurückgeht, muss derzeit noch offen bleiben: Maße hat Mercedes nicht veröffentlicht.
Neu ist die Lehnenneigungsverstellung der Fondsitze und die Durchlademöglichkeit über die Armauflage für den Transport von
langen Gegenständen. Das maximale Laderaumvolumen sinkt von 2.050 auf 2.010 Liter - Folge der niedrigeren Dachlinie.
Im Interieur fällt das Auge auf nun senkrechte mittlere Lüftungsdüsen, die den Bildschirm des Radios (6,0 Zoll) oder
COMAND-Systems (7,3 Zoll) einrahmen, das nun auch online gehen kann. Kunden können entweder im Stand frei browsen
oder eine Mercedes-App aufrufen, die auch während der Fahrt zu bedienen sind. Zu den integrierten Apps zählen
Google Lokale Suche, Facebook-Zugang und Wetter sowie die Möglichkeit, eine zuvor am PC per Google Maps konfigurierte
und zum Auto gesendete Route oder auch einzelne Ziele herunterzuladen und direkt in die Navigation zu übernehmen.
Die Instrumente erinnern mit ihrer senkrechten Nullposition an den SLK, neu ist die vertauschte Anordnung von
Blinker-/Wischer- und Tempomathebel: Letzterer sitzt künftig wie bei VW und Audi unten; Mercedes will dies
baureihenübergreifend einführen. Die analoge Uhr weicht einem Kühlerwasserthermometer, das Display zwischen den
beiden Runduhren wächst auf 4,6 Zoll.
Die Sicherheit wird befördert durch den serienmäßigen Knieairbag für den Fahrer (Seitenairbags hinten bleiben optional),
die Gurtstatusanzeige für die Fondpassagiere und eine aktive Motorhaube wie in der E-Klasse zur Verbesserung des Fußgängerschutzes.
Das vorausschauende PRE-SAFE-System und die Müdigkeitsüberwachung sind Standard, zahlreiche Assistenten und Techniken ziehen
optional in das Angebot ein. Dazu gehören u.a. der Nachtssicht-Assistent mit Personenerkennung, Spurhalte- und Geschwindigkeitslimit-Assistent
und das sog. Intelligent Light System. Dank der elektrischen Lenkung ist auch ein Parkassistent erhältlich.
Die Aussage von Dr. Thomas Weber, Daimler-Vorstand für Konzernforschung und Leiter Entwicklung Mercedes-Benz Cars,
es sei ein "Quantensprung" in den Bereichen "Effizienz, Sicherheit, Agilität und Fahrspaß sowie Design" gelungen, teilen
wir zwar nicht. Dass die M-Klasse mit ihren unübersehbaren Optimierungen vor allem bei Verbrauch und Abgaseinstufung
aber künftig wieder ein gewichtigeres Wort im Kreise der großen, speziell deutschen SUVs mitreden wird, ist nicht schwierig
vorauszusehen, zumal die Preise - auf hohem Niveau - nicht allzu sehr steigen dürften. Premiere ist auf der IAA im September,
bestellt werden kann bereits ab Juli, und die Markteinführung dürfte im Oktober stattfinden.