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Freitag, 19. April 2024
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»Report Mainz«: Nur drei von vier Mängeln werden erkannt

BASt-Studie: Schlechte Noten für Kfz-Überwachungsinstitutionen

Deutschlands Kfz-Überwachungsinstitutionen arbeiten offenbar nicht immer zuverlässig. Das geht aus dem Abschlussbericht einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zur Qualität der Fahrzeugüberwachung im Auftrag des Verkehrsministeriums hervor, der dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" exklusiv vorliegt. Der Untersuchung zufolge erkennen Prüfingenieure von Organisationen wie TÜV oder DEKRA bei amtlichen Untersuchungen aktuell nur durchschnittlich 75 Prozent der Mängel. Dieses Ergebnis könne "nicht als zufriedenstellend erachtet werden", so die Studie.

Aus dem Bericht geht hervor, dass Experten im Auftrag der BASt in sechs Testreihen 20 Fahrzeuge mit Mängeln präpariert und Prüfingenieuren verschiedener Institutionen in mehreren Bundesländern zur amtlichen Hauptuntersuchung (HU) vorgeführt haben, darunter vor allem Pkw. Insgesamt ergaben sich so mehr als 300 Qualitätskontrollen. Bei den ersten Testreihen, die bereits im Jahr 2006 begannen, fiel die Prüfqualität offenbar besonders schlecht aus. Zahlen nennt der Bericht zwar nicht, nach Recherchen von "Report Mainz" wurden allerdings zunächst nur 35 Prozent der Mängel erkannt. Laut BASt-Bericht hat sich die Qualität der Untersuchungen im Verlauf der Studie zwar "erheblich verbessert", dennoch müssten Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung intensiviert werden.

Der 17-seitige Bericht macht keine Angaben zur Art der nicht erkannten Mängel und zu Ergebnissen einzelner Prüfinstitutionen, führt jedoch schonungslos mögliche Ursachen für die schlechte Prüfqualität auf. So würden Prüfungen oft nicht komplett durchgeführt: "Einzelne Teile der Fahrzeugprüfungen werden gänzlich weggelassen (z. B. bei Nutzfahrzeugen die Drucksicherungsprüfungen bei Bremsprüfungen)." Zudem würden Fahrzeuge vom Werkstattpersonal geprüft anstatt vom Prüfingenieur. Weiter heißt es: "Die Fahrzeuge werden 'abgenommen' und die Prüfplakette zugeteilt ('geklebt'), obwohl die Mängel noch nicht behoben sind."

Die Experten der BASt verweisen zudem auf die teils hohen Prüfzahlen pro Tag sowie umsatzabhängige Gehälter bei den Prüfingenieuren. Dies könne einen Einfluss auf die Qualität haben. Darüber hinaus würden an Prüfstützpunkten, also etwa in Werkstätten, mehrere Prüforganisationen gegeneinander ausgespielt. "Beispielsweise droht man bei Interessenkonflikten bezüglich eines Prüfergebnisses dem PI (Prüfingenieur) mit dem Rauswurf seiner Organisation aus dem Prüfstützpunkt", schreibt die BASt.

Angesichts dieser Analyse bereiten sich die Überwachungsinstitutionen bereits auf eine mögliche kritische Berichterstattung vor. In einem internen Papier "Kommunikationsstrategie zur BASt-Studie" des TÜV Nord, das "Report Mainz" vorliegt, heißt es: "Die negativen Zahlen (erst 35%, später ca. 75%) müssen eingeordnet, die Schwierigkeiten können durchaus benannt werden. Die Stellungnahme sollte nicht zu lang sein, das wirkt defensiv und entschuldigend. Das Wort Qualität wird weitgehend vermieden, weil es u.U. 'schlechte Qualität' impliziert." Für den Fall einer massiven Negativberichterstattung bringt der TÜV Nord einen "HU-Gipfel" mit Vertretern aus Bundesregierung, Ländern und Verbänden ins Gespräch.
text  Hanno S. Ritter
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