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"Nur das gute Super rein": |
ADAC |
Rekordpreise an deutschen Tankstellen |
Historischer Platztausch: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik kostet Diesel jetzt mehr als Benzin
– Superbenzin. Während die Öffentlichkeit den außerordentlichen Anstieg der Preise bisher weitgehend
lautlos zur Kenntnis nimmt, hat das Bundeskartellamt jetzt eine oft geforderte Untersuchung angekündigt.
"Kost' das Benzin auch drei Mark zehn / Scheißegal, es wird schon gehn" - die nicht ganz jungen Leser
dürften sich an diesen literarisch nicht eben wertvollen, gleichwohl haften gebliebenen Song aus der Zeit
der "Neuen Deutschen Welle" erinnern.
Das war ungefähr 1983. 25 Jahre später muss man konstatieren: Es ist soweit, der Sprit kostet (fast)
drei Mark zehn. Aktuell verlangen Marken-Tankstellen am Autokiste-Sitz in Nürnberg sowohl für Diesel als
auch für Benzin und Superbenzin 1,55 - 1,55 Euro, in manchen Regionen auch noch mehr. Gegenüber dem
seinerzeitigen Preis von etwa 1,57 (Mark!) entspricht dies einem Anstieg um mehr als 90 Prozent. Bei
Diesel kletterten die Preise gar um 140 Prozent (1983: 1,27 DM).
Der ADAC hat in seiner wöchentlichen Erhebung der bundesweiten Durchschnittspreise 1,50 Euro für Diesel
ermittelt, Super kostet demnach einen Zehntel-Cent weniger. Damit haben die Spritpreise eine historische
Wende vollzogen: Noch nie war Diesel teurer als Super, obschon die steuerliche Differenz 22 Cent ausmacht.
Während die Öffentlichkeit den als rasant zu bezeichnenden Preisanstieg bisher weitgehend lautlos hinnimmt,
hat das Bundeskartellamt heute die Untersuchung des Wettbewerbs auf den Sprit-Märkten in Deutschland angekündigt.
Ziel sei es, zu untersuchen, ob die Kraftstoffmärkte in Deutschland ordnungsgemäß funktionierten, hieß es.
Im Rahmen dieser so genannten Sektoruntersuchung sollen demnach zunächst die generellen Marktbedingungen
beleuchtet und mögliche Wettbewerbsverzerrungen identifiziert werden. Sollten sich Anhaltspunkte für
Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ergeben, würden "angemessene Maßnahmen" ergriffen.
Zahlreiche Verbraucherbeschwerden sowie Eingaben freier Tankstellenbetreiber haben nach Angaben der Behörde
Anlass zu dieser umfassenden Untersuchung gegeben. Während viele Kraftfahrer der Preisbildung bei Benzin
und Diesel grundsätzlich misstrauten, hätten speziell freie Tankstellenbetreiber den Markengesellschaften
vorgeworfen, sie mit Beschaffungspreisen über den Tankstellenabgabepreisen in so genannte Preis-Kosten-Scheren
zu nehmen. Zudem wolle sich das Bundeskartellamt eine aktuelle Marktdatengrundlage verschaffen, nachdem
die letzte umfassende und bundesweite Erhebung schon einige Jahre zurückliege. Ein erster Zwischenbericht
soll bis Ende des Jahres veröffentlicht werden.
Die Verbraucher haben derweil nur die üblichen Gegenmaßnahmen in den Händen: Sparsam fahren lautet mehr denn
je das Gebot der Stunde, und natürlich sollten Autofahrer intensiv die Preise vergleichen und so den
Wettbewerb ankurbeln.
Ob das Leben 1983 einfacher war, sei dahingestellt. Markus jedenfalls wollte in erster Linie Spaß:
"Will nicht sparn, will nicht vernünftig sein / Tank nur das gute Super rein", heißt es in dem Song,
und weiter: "Der Tankwart ist mein bester Freund / hui, wenn ich komm, wie der sich freut. / Er
braucht Spaß!" Wohl wissend, dass Tankwarte nicht jene sind, die von der Situation profitieren:
Wohl dem, dem das Lachen nicht im Halse stecken bleibt.