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Neu ab März: Mercedes C-Klasse |
DaimlerChrysler |
Das Warten hat ein Ende: Mercedes hat am Donnerstag Abend (18.1.) in Stuttgart die neue Generation der C-Klasse
präsentiert. Die vierte Auflage des einstigen "Baby-Benz" wird größer, schneller, komfortabler und sicherer –
und erscheint in völlig neuem Gewand, das erstmals auf zwei verschiedene Gesichter setzt.
Den üblichen Gesetzmäßigkeiten im Automobilbau kann - besser: will - sich auch Mercedes nicht verschließen: So wächst
die Limousine um fünfeinhalb Zentimeter auf gut 4,58 Meter in der Länge und um auffallendere gut vier Zentimeter in
die Breite (2,76 Meter); die Höhe legt um zwei Zentimeter zu.
Zusammen mit dem nahezu parallel zur Länge steigenden Radstand ergeben sich großzügigere Platzverhältnisse im Interieur,
etwa im Fußraum im Fond, beim vorderen Schulterraum (plus vier Zentimeter) oder dem Kofferraumvolumen, das um 20 auf 475
Liter steigt. Trotz aufwändiger Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung bringt die neue Generation etwa 50 Kilo mehr auf die
Waage.
Das Design ist in allen Punkten neu. So weichen die bisherigen, ineinander übergehenden Doppel-Rundscheinwerfer einer
geraderen, zusammenhängenden Lösung, die vor allem durch die Abdeckung im oberen Bereich, die zwei Standlichtbirnen
beinhaltet, auffällt. Der integrierte Blinker sitzt weiterhin dort, wo er hingehört, also außen. Die Motorhaube
reicht bis in die Kotflügel, während die umgestaltete Frontschürze höher als bisher ansetzt.
Die eigentliche Neuheit aber ist der Kühlergrill, und man mag sich nicht vorstellen, wie emotional die internen
Diskussionen über dessen Ausgestaltung, mutmaßlich so im Jahr 2002/2003 unter Ex-Konzernchef Schrempp geführt, verliefen:
Auf der einen Seite die Traditionalisten, die den ehemals "guten Stern auf allen Straßen" dort sehen wollten, wo er seit
Jahrzehnten bei Mercedes-Limousinen steht, nämlich auf der Motorhaube über dem klassischen Grill - und auf der anderen
Seite jene Erneuerer, die die "Zukunft des Automobils" und die Sportlichkeit der Marke auch optisch durch den
zugegebenermaßen ebenfalls traditionellen Sport-Grill mit dem großen, zentralen Stern zum Ausdruck bringen wollten.
Die Lösung ist salomonisch - beide Varianten alias "Outfits" (Mercedes-PR-Text) wird es geben: Den "normalen" Kühlergrill
erhalten die Ausstattungslinien "Classic" und "Elegance", die von SL oder CLK bekannte Lösung bekommt zusammen mit einer
modifizierten Frontschürze der "Avantgarde". Dass diese Bezeichnungen und auch die entsprechenden, hässlichen, mangels
seitlicher Schutzleisten nun noch auffälligeren Plaketten beibehalten wurden, zeigt als kleines Detail, dass Mercedes
die Rückkehr zu traditionelleren Werten wohl nicht ganz so ernst verfolgt wie bisweilen angedeutet. Immerhin: Wer
"Classic" bestellt, bekommt sein Auto künftig plakettenfrei. Vielleicht ein Geheimtipp nicht nur für Taxifahrer.
Im übrigen erhält die C-Klasse wie erwartet die seitliche Sicke alias "Charakterlinie" nebst nach hinten leicht
ansteigender weiterer Kante unten in den Türen, die großen, schräg angeordneten Türgriffe und nicht zuletzt auffallend
große Außenspiegel, mit denen Mercedes schon jetzt künftige gesetzliche Vorgaben erfüllt und die zweifelsohne der
Sicherheit, aber nicht der Eleganz förderlich sind, wozu die großen, integrierten Blinker beitragen. Komisch, dass
Audi dies heute schöner baut als Spiegelblinker-Pionier Mercedes.
Das Heck ist klar gezeichnet und von den nicht mehr dreieckigen Leuchten bestimmt. Diese verfügen über kleine
Luftauslässe - eine patentierte Lösung, die eine herkömmliche Abrisskante ersetzt. Sowieso setzt die C-Klasse mit einem
cw-Wert von 0,27 Bestwerte in Sachen Aerodynamik.
Bestwerte verspricht der Autobauer für die intern W 204 genannte Baureihe auch für Komfort, Sicherheit und Technik,
wobei die vollständige Erläuterung der Details den Umfang eines solchen Artikels sprengen würde und diese zudem zum
Großteil aus anderen Baureihen bekannt sind. Als Stichpunkte seinen genannt eine verwindungssteifere Karosserie,
aktive Kopfstützen vorne und hinten, ein siebter Airbag unter der Lenksäule, der natürlich als "Kneebag" angepriesen,
aber nur in den EuroNCAP-Ländern montiert wird, blinkende Bremsleuchten, Zusatzfunktionen für Bremsanlage respektive ESP
und Anhänger-ESP.
Neu in der C-Klasse als Sonderausstattung sind u.a. automatisch aufblasbare Multikontursitze, Drei-Zonen-Klimaanlage,
Runflat-Reifen, das "Intelligent Light System" mit fünf verschiedenen Lichtmodi, Keyless-Go, Panorama-Schiebedach und
nicht zuletzt das vorausschauende Sicherheitssystem "PreSAFE". Tagfahrlicht dagegen offeriert Mercedes nach wie vor
nicht - unverständlich angesichts des Sicherheitsgewinns und der von Audi und neuerdings auch von BMW vorexerzierten
Möglichkeit, ein prägnantes, auffälliges, markentypisches Erscheinungsbild zu schaffen.
Viel Neues gibt es auch im Interieur, wobei die jetzt drei Rundinstrumente längst nicht so neu sind wie bei einigen Medien
zu lesen: Wer schon einmal in ein Modell der Baureihen 123, 124, 126, 210, 211 (um nur einige zu nennen) geschaut hat,
erkennt die Lösung wieder - sogar orangefarbene Zeiger erleben eine Renaissance, leider aber nicht der Öldruckmesser. Die
Tachonadel ist wegen des innenliegenden Displays nur ein Stummel, ganz so wie in der E-Klasse. Sämtliche Kontrollleuchten
außer jenen für die Blinker sind normalerweise unsichtbar integriert; sie machen nur beim Einschalten der Zündung oder bei
einer Störung auf sich aufmerksam.
Türverkleidungen und die stets serienmäßigen Multifunktionslenkräder präsentieren sich ebenfalls in neuem Design; vor
allem aber die wuchtige, weit nach oben gezogene Mittelkonsole sticht ins Auge. An deren oberem Ende befindet sich nun,
Radio-Bestellung vorausgesetzt, ein Farb-Display mit 4,9 Zoll Größe, das sich mittels einer Schiebeabdeckung verstecken
lässt, ohne die Funktionen zu beieinträchtigen. Die Bedienung erfolgt über Tasten auf der Mittelkonsole und/oder den
aus der S-Klasse bekannten Dreh-Drücksteller namens "Commander". Telefon-Tastatur und Bluetooth-Schnittstelle sind in
Kombination mit einer der drei Audiosysteme stets serienmäßig.
In einer weiteren Ausbaustufe ist das System auch mit DVD-Navigation und Sprachbedienung zu haben. Noch komfortabler
ist das "Comand"-System, das sich durch ein 7-Zoll-Display, das auf Tastendruck wegschwenkt und unter einem Deckel
verschwindet, ebenso auszeichnet wie durch Kreuzungs-Zoom und Speicherkarten-Aufnahme zum Abspielen von Musik. Als
Novum sind die Navigations-Daten auf einer 30 Gigabyte großen Festplatte abgelegt, weitere 4 GB stehen als Speicherplatz
für bis zu 1.000 Musiktitel zur Verfügung.
Zurück zur Technik: Was beim Vorgänger im Zuge des Facelifts als "DIRECT CONTROL" eingeführt und gepriesen wurde, hört
beim neuen Modell auf die Bezeichnung "Agility Control". Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen das amplitudenabhängige
Dämpfungssystem, das angenehmerweise rein hydromechanisch arbeitet und ohne große Sensorik und Blackboxen auskommt, sowie
eine nochmals direktere Lenkung. Ab Herbst wird es neben Sportfahrwerken auch ein sogenanntes "ADVANCED AGILITY-Paket"
geben, das dann über elektronisch gesteuerte Stoßdämpfer verfügt und den Fahrer per Tastendruck die Modi "Comfort" und
"Sport" wählen lässt.
Motorseitig halten sich die Neuerungen in Grenzen: Das bisherige Programm bleibt im Wesentlichen unverändert, wenn
auch die Vierzylinder jetzt wie bereits in der E-Klasse über mehr Leistung verfügen. Der nach wie vor als "C 180
KOMPRESSOR" verkaufte Benziner-Basis leistet jetzt 156 statt 143 PS und das hubraumgleiche 200er-Pendant 184 statt 164.
Der Verbrauch sinkt gleichzeitig im Mittel leicht ab, wobei genaue Vergleichswerte noch nicht vorliegen. Die drei
Sechszylinder in C 230, C 280 und C 350 mit 204, 231 und 272 PS bleiben unverändert im Programm, ebenso der
224 PS starke V6-Diesel im C 320 CDI.
Bei den Vierzylinder-Dieseln steigt die Leistung von 122 bzw. 150 auf jetzt 136 und 170 PS; gleichzeitig ist auch
hier ein Minderverbrauch von zwei-drei Zehntellitern in Aussicht gestellt - für sich genommen nicht schlecht, und
doch zu wenig, wenn man etwa bedenkt, welch höhere Potentiale BMW in jüngster Zeit erreichen konnte. Alle Modelle
erhalten ein manuelles Sechsganggetriebe, außer der 350er, der ab Werk mit der Siebengangautomatik ausgestattet ist,
die für die anderen Sechszylinder als Extra geordert werden kann.
Details zur Ausstattung und Preise liegen noch nicht vor. Markteinführung der Limousine ist bereits Ende März, der
Kombi kommt zur IAA im Herbst. Damit auch die Qualität stimmt, hat Mercedes die neue C-Klasse - virtuell und real -
so ausgiebig getestet wie kein anderes Modell zuvor. Nicht nur deswegen darf dem Auto trotz einer sicher notwendigen
Gewöhnung an das Design ein großer Erfolg vorausgesagt werden. Die Messlatte freilich ist hoch: Der Vorgänger war
mit rund 1,4 Millionen Einheiten eine der erfolgreichsten Mercedes-Baureihen aller Zeiten.