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Showcar: Mercedes Concept Ocean Drive |
DaimlerChrysler |
Mehr als 30 Jahre nach dem Produktionsende für das letzte Cabriolet der S-Klasse belebt Mercedes-Benz die Idee
neu. Auf der Detroit Motor Show Anfang Januar werden die Stuttgarter mit dem "Concept Ocean Drive" für Hingucker
sorgen. Was daraus wird, bleibt offen.
Eines muss man Mercedes lassen: Mutig sind sie in Stuttgart. Egal ob in weniger als zehn Jahren nahezu die gesamte
Modellpalette umgestrickt und erweitert und dabei fleißig neues Terrain in Design, Markenwerten und Image beschritten
wird, ein viertüriges Coupé oder neue Techniken wie ESP oder Pre-Safe zum Serienstandard lanciert werden - Trendsetter
und Vordenker sind durchaus Attribute, die Mercedes für sich in Anspruch nehmen darf, wenn auch manches Mal übers Ziel
hinaus geschossen worden ist.
In punkto Studien dagegen gibt es Hersteller, die öfter Concept Cars auf die Räder stellen und mehr Aufhebens in
dieser Hinsicht machen. Doch wenn am 7. Januar 2007 die Messetore in Detroit öffnen werden, steht wieder einmal ein
Sternenauto im Mittelpunkt des Interesses. Dieses Mal ist es kein viertüriges Coupé, wie es wohl bald auch von anderen
Herstellern nachgemacht wird, sondern ein viertüriges Cabriolet, wie es schon lange nicht mehr auf den Straßen zu sehen
war.
Das Cabrio entstand auf Basis eines Mercedes S 600 der Langversion als Unikat ohne die Zwänge von Lastenheft oder
Produktionsvorgaben. Wichtigste Änderung ist ein 3,2 Quadratmeter großes und in rund 20 Sekunden öffnendes oder
schließendes Stoffverdeck anstelle des Stahldachs. Doch auch auf den zweiten Blick ist das Auto kaum wiederzuerkennen.
Während die Proportionen durchaus S-Klasse-like sind, erinnert der Kühlergrill in seiner Form mehr an die aktuelle
E-Klasse und in seiner nahezu senkrechten Anordnung etwa an einen W126, der Vor-Vor-Vorgänger-S-Klasse. Scheinwerfer
und Heckleuchten in LED-Technik sind wie auch diverse modifizierte Details weitere Blickfänge. Nicht zuletzt die
gestreckte Seitenlinie ohne B-Säule macht das Auto aber zu etwas Besonderem. Ohne B-Säule ab der Gürtellinie wäre
ganz korrekt, denn die Türen im Fond bleiben konventionell angeschlagen und benötigen demzufolge eine Befestigung.
Besonders ist auch das Interieur - besonders edel nämlich. Feinstes Leder, beste Verarbeitung und viel Vogelaugenahornholz
selbst auf dem Verdeckkasten verströmen ein luxuriöses Ambiente. Die aus dem SLK bekannte Kopfraumheizung sorgt auch bei
offenem Verdeck für Wohlfühlklima an Bord, und zwar standesgemäß auf allen vier Plätzen.
Für Vortrieb sorgt der aus der Serie bekannte Zwölfzylinder mit 517 PS aus 5,5 Litern Hubraum. Auch sonst ist das Showcar
technisch auf dem neuesten Stand: Sicherheitstechniken wie der "Bremsassistent Plus", der präventive Insassenschutz
Pre-Safe oder die Radartechnik sind weiterhin an Bord.
Und was wird aus dem Auto, wenn sich die Messetore wieder geschlossen haben? Nun, es wird im Keller oder bestenfalls im
Museum bei Mercedes landen. Die Idee freilich könnte zu einer Kleinserie ausgebaut werden - dann vielleicht als Maybach:
Die dort charakteristische Zweifarblackierung deutet es möglicherweise an. Allzu real sind die Aussichten dafür freilich
nicht, sonst hieße das Auto mit Vornamen "Vision", wie es bei Mercedes für Serienvorläufer üblich ist.
Für die Entscheidung will der Autobauer aber auch die Reaktionen des Publikums kennen lernen, wie es stets so schön heißt.
Glauben muss man das nicht unbedingt, aber es ist auch egal. Der "Concept Ocean Drive" ist nicht nur eine willkommene
Fingerübung für die Designer, sondern auch ein Fest für die Damen und Herren in Marketing und PR. In der ersten
Ankündigung zum Auto konnten diese einmal noch dicker auftragen als sonst sowieso schon: Von einem "faszinierenden Juwel",
"Automobil-Kultur in ihrer schönsten und begehrenswertesten Form", dem "komfortabelsten und elegantesten Cabriolet der
Welt", "außergewöhnlichem Charisma" und selbst von einem "automobilen Solitär" ist da die Rede.