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Samstag, 20. April 2024
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Leicht modifizierter Geländewagen nimmt 155-Tonnen-Jet an den Haken

VW Touareg zieht Jumbo

Siehe Bildunterschrift
Bild anklicken für Großansicht "Vor den Vogel ge-
spannt": VW Touareg
Volkswagen
Zur Markteinführung des überarbeiteten Touareg setzt VW auf eine nicht ganz neue, aber nichts desto trotz ungewöhnliche Aktion: Der Geländewagen wurde vor ein Flugzeug gespannt. Genauer: Vor die größte Passagiermaschine, die es derzeit gibt – und ein ganz besonderes Exemplar noch dazu.
"Wetten, dass ein Touareg V10 TDI eine Boing 747 ziehen kann?" - "Einen 155 Tonnen schweren Jet? Nie!" Mit diesem verbalen Schlagabtausch zweier VW-Mitarbeiter soll die Idee ihren Anfang genommen haben, behauptet jedenfalls der Autobauer - und dass sie nicht bei Gottschalks "Wetten, dass..?", sondern auf einem englischen Flugplatz ausgetragen wurde, ist angesichts der Audi-Präsenz in der Fernsehsendung ebenso verwunderlich wie sympathisch.

Ganz am Anfang stand natürlich die durchaus ernst gemeinte Frage, wie leistungsfähig Motor, Allradantrieb und die Karosserie eines modernen Geländewagen sind. 3,5 Tonnen darf das Auto regulär an den Haken nehmen, derer gleich 200 sollten tatsächlich möglich sein, hatten die Ingenieure zuvor auf Basis des Drehmoments von 750 Newtonmetern und der Achsübersetzung berechnet. Das würde reichen, denn der Jumbo-Jet wiegt rund 155 Tonnen. Nur: Wer traut schon seinen Berechnungen, wenn an einem 4,75 Meter langen Auto plötzlich ein 19,40 Meter hoher und mehr als 70 Meter langer Jet hängt? Besonders dann, wenn typisch englisches Wetter mit starkem Regen und Gegenwind über Auto und Flugzeug hinwegpeitschen, als gäbe es kein Morgen.

Damit das Experiment überhaupt gelingen konnte, war zuvor das Gewicht des Touareg erhöht werden. Schließlich soll die Motorkraft nicht in schwarzem Rauch aufgehen, sondern voll in Vortrieb umgesetzt werden können. Dazu wurden Stahlkugeln und -platten im Auto verteilt, insgesamt gut 4,3 Tonnen, womit der von Haus aus schon zu den Schwergewichten zählende Touareg über sieben Tonnen auf die Waage brachte, davon rund 2,75 Tonnen vorne und 4,3 hinten.

Die weiteren Modifikationen hielten sich in Grenzen. Beim Achsantrieb wurde die etwas kürzere Übersetzung des Touareg V8 FSI verbaut. Den Luftdruck erhöhte die Crew auf 4,5 bar. Und schließlich wurde die Höchstgeschwindigkeit begrenzt - nicht aus Furcht vor dem Abheben des ungewöhnlichen Gespanns, sondern zum Schutz der Reifen. Alles andere, vom Motor über die Luftfederung bis hin zum Allradantrieb, entsprach komplett der Serienversion.

Am Donnerstag dieser Woche war es soweit. Über eine Zusatzvorrichtung wird die Boeing 747 an die Anhängerkupplung des Touareg gekoppelt. Das Experiment kann beginnen. Am Steuer: Der VW-Techniker Uwe Krieghoff. Er startet den Motor. Über die Allradantrieb-Steuerung auf der Mittelkonsole wählt er "LOW" und damit die Geländeuntersetzung. Jetzt fließen 50 Prozent der Antriebskraft zur Vorder- und 50 Prozent zur Hinterachse. Krieghoff wählt manuell den zweiten Gang der Automatik an, gibt langsam Gas und denkt darüber nach, dass jetzt die 18 mannshohen Räder der 155 Tonnen schweren 747 aus dem Stand ins Rollen gebracht werden wollen.

Genau in diesen wenigen Sekunden wird die größte Zugkraft benötigt. Sobald das Gespann erst einmal fährt, fährt es. Doch vorerst ist das einzige, was sich regt, die Motordrehzahl. Krieghoff drückt das Gaspedal weiter durch, bis zur Hälfte. Und dann nimmt das ungewöhnliche Gespann Fahrt auf, 150 Meter weit. Ein Check des Touareg ergibt hinterher, dass keine Schäden am Wagen aufgetreten sind.

Und auch die serienmäßige Gespannstabilisierung des Touareg, das Anhänger-ESP, war nicht gefordert - bei acht km/h bewegte sich alles im grünen Bereich. Den Eingang erster Bestellungen von Flughafenbetreibern, die ihre bis zu 70 Tonnen schweren Vorfeld-Schlepper durch den deutlich günstigeren Touareg ersetzen wollen, könne dagegen nicht bestätigt werden, heißt es augenzwinkernd bei Volkswagen.

Das für die Aktion verwendete Flugzeug ist ein ausgemusterter Jumbo vom Typ 747-200, der in etlichen Details umgebaut wurde. Besonders offensichtlich wird dies an den zu Einheiten zusammengefassten Triebwerken. Der große Vogel, früher in Diensten von British Airways zwischen den Kontinenten unterwegs, spielt mit der fiktiven Kennzeichnung "N9747P" im neuesten James-Bond-Streifen "Casino Royale" mit. Die Filmaufnahmen wurden wie die der VW-Aktion auf dem Dunsfold Aerodrome durchgeführt. Die Anlage, 40 Meilen vor den Toren Londons, stellte im Film auch den nächtlichen Airport von Miami dar.

Medienberichten zufolge fand die Touareg-Aktion noch mit einem Modell vor dem Facelift statt. Die neue Front wurde wegen der Fotos an Ort und Stelle montiert.
text  Hanno S. Ritter
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