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"Sauberster Diesel |
DaimlerChrysler |
der Welt": Mercedes E 320 BLUETEC |
Es ist der derzeit wohl sauberste Diesel der Welt – doch europäische Kunden können ihn noch nicht kaufen.
Mercedes-Benz startet die sogenannte "Bluetec"-Offensive in Kürze in den USA. Das Konzept würde noch mehr hergeben.
Steigende Kraftstoffpreise haben auch in Amerika die Nachfrage nach sparsamen und sauberen Autos erhöht. Für europäische
Autobauer mit Diesel-Kompetenz ist es gleichzeitig eine neue und nie so gut dagewesene Chgance, den Nordamerikanern den
Diesel schmackhaft zu machen, den die überwiegende Mehrheit noch immer für lahm, laut und rußig hält.
In punkto Marketing agiert der Autobauer dabei schlau: Während manch japanischer Hersteller zwar Hybrid-Autos verkauft,
aber kein gängiges Schlagwort damit verknüpft hat, heißt der erste für die USA bestimmte Mercedes-Diesel-Pkw seit vielen
Jahren nicht "CDI", sondern eben "Bluetec".
Unter dem Begriff versteht der Autobauer ein modulares Abgas-Reinigungssystem, das die Stickoxide reduziert. Diese sind
die einzige Abgas-Komponente, die heute bei Dieselmotoren konzeptbedingt noch über dem Wert von Benzinern liegt. In der
jetzt in Las Vegas vorgestellten E-Klasse werden Oxidations-Katalysator und Partikelfilter mit einem weiterentwickelten,
besonders langlebigen NOx-Speicher-Katalysator sowie einem zusätzlichen SCR-Katalysator kombiniert. Damit, so schwärmen
die Stuttgarter, habe man den saubersten Diesel der Welt auf die Räder gestellt. Konkrete Details zu tatsächlichen
Messwerten oder wenigstens Angaben, welche Abgasnormen erfüllt werden, gibt es allerdings nicht.
Möglich wurde die Einführung nicht nur durch die erwartete höhere Nachfrage und die Serienreife der Abgastechnik,
sondern auch dadurch, dass nun auch die USA auf schwefelarmen Diesel-Kraftstoff umstellen. So genannter "Ultra Low
Sulfur Diesel" (ULSD) wird im ersten Schritt an bis zu 76.000 US-Tankstellen angeboten. Die Einführung des Sprits mit
weniger als 15 ppm Schwefel sei eine Chance, für die man lange mitgekämpft habe und die man vom ersten Tag an nutzen
wolle, erklärte DaimlerChrysler-Entwicklungschef Dr. Thomas Weber.
Erstes Bluetec-Modell in den USA wird wie erwartet der E 320, der ab Mitte Oktober verkauft bzw. ausgeliefert wird.
Die bekannte Dreiliter-V6-Maschine leistet 208 statt sonst je nach Modell 224 bis 235 PS, das Drehmoment beträgt wie
neuerdings auch hierzulande 540 (bisher: 510) Newtonmeter. Interessant ist der Verbrauchswert von 6,7 Liter im
Mittel, wobei die zugrundeliegende Messnorm unklar bleibt. Zum Vergleich: Die deutsche Version genehmigt sich
ebenfalls noch moderate 7,3-7,6 Liter.
Weitere blaue Diesel werden folgen. Nach den Worten Webers sollen in den USA 2008 drei weitere entsprechende Modelle
verkauft werden, nämlich in der ML-, R- und GL-Klasse. Andere Märkte sollen sukzessiv bedient werden. Derzeit werde
die Technologie auf die europäischen Marktanforderungen und weitere Modelle der Marke abgestimmt, hieß es. Ziel sei,
Bluetec "spätestens 2008" auch europäischen Kunden in einem Pkw anbieten zu können.
Diesel-Autos können auch die Abhängigkeit der Volkswirtschaften von Rohölimporten reduzieren. Das enorme Einsparpotential
bestätigt die bereits 2004 vorgestellte Studie der US-Umweltbehörde EPA. Wenn nur ein Drittel der Light-Duty-Fahrzeuge
in den USA moderne Diesel wären, heißt es dort, könnten pro Tag 1,4 Millionen Barrel eingespart werden. Das entspricht
der Menge an Rohöl, die von den USA täglich aus Saudi Arabien importiert wird.
Experten erwarten einen weltweit verstärkten Diesel-Trend. Die aktuelle J.D.-Power-Studie "Global Outlook For Diesel"
etwa prognostiziert, dass der weltweite Selbstzünder-Marktanteil von heute 18 auf rund 30 Prozent im Jahr 2015
steigen wird: In Nordamerika wird für Diesel-Neuzulassungen ein Anteil von über 15 Prozent erwartet. In Deutschland
beträgt der Wert aktuell durchschnittlich rund 45 Prozent, in manchen Fahrzeugklassen nochmals deutlich mehr.
Mercedes hat neben der beschriebenen noch eine weitere Bluetec-Variante in petto, wie sie im Grundsatz bereits in
Nutzfahrzeugen verkauft wird. Hierbei wird "AdBlue", eine wässrige Harnstofflösung, in den Abgasstrom eingespritzt.
Dabei wird Ammoniak frei gesetzt, das im nachgeschalteten SCR-Katalysator bis zu 80 Prozent der Stickoxide zu
unschädlichem Stickstoff und Wasser reduziert. Insgesamt ist die AdBlue-Bluetec-Lösung noch wirkungsvoller als die
jetzt eingeführte. Welches der beiden Systeme zum Einsatz komme, erklärt Mercedes vielsagend, hänge vom jeweiligen
Fahrzeugkonzept und -gewicht sowie von den "Denoxierungs-Anforderungen" ab.