Die Verurteilung wegen einer Straftat, bei der im weiteren Sinne ein Auto mit von der Partie war, muss nicht
zwangsläufig zusätzlich mit dem Entzug des Führerscheins verbunden sein. Der BGH hat die Auslegung der entsprechenden
Vorschrift nun konkretisiert und damit eine neue Linie eingeschlagen.
In § 69 I 1 Strafgesetzbuch (StGB) heißt es sinngemäß, dass Straftaten, die der Angeklagte bei oder im Zusammenhang
mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat,
zum Fahrerlaubnis-Entzug führen, wenn sich aus der Tat ergibt, dass dieser zum Führen von Kraftfahrzeugen
ungeeignet ist. In der Praxis wurde dies häufig durch die Gerichte bejaht und der Führerschein eingezogen.
Bisher war diese Praxis durch den BGH bestätigt worden. In jüngerer Vergangenheit aber gab es zwischen den einzelnen
Strafsenaten des höchsten deutschen Zivilgerichts unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung der Vorschrift,
weswegen der Große Senat für Strafsachen angerufen wurde.
Dieser hatte sich konkret mit der Frage zu beschäftigen, ob die Regelung auch der allgemeinen Kriminalitätsprävention
oder alleine Belangen der Verkehrssicherheit dient. Im Ergebnis wurde die zweite Alternative bejaht und damit die
bisherige Linie aufgegeben. Der Entzug des Führerscheins setze nämlich voraus, dass die "Anlasstat" tragfähige
Rückschlüsse darauf zulasse, dass der Täter bereit sei, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen
Interessen unterzuordnen, heißt es.
Zur Begründung wurde u.a. auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und die neuere Rechtsprechung der
Verwaltungsgerichte zur verwaltungsrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis verwiesen. Maßstab für die Entscheidung
sei demnach die in die Zukunft gerichtete Beurteilung der Gefährlichkeit des Kraftfahrers für den öffentlichen
Straßenverkehr.
Die BGH-Richter betonten, es verstehe sich nicht von selbst, dass ein Täter, der durch die Begehung schwerwiegender
oder wiederholter Straftaten zweifellos charakterliche Mängel offenbart hat, zugleich eine Gefahr für die
Verkehrssicherheit darstelle. Soweit die mangelnde Zuverlässigkeit des Täters in Bezug auf Verkehrssicherheitsbelange
in der abgeurteilten Straftat keinen hinreichenden Ausdruck gefunden habe, sei deshalb für eine strafgerichtliche
Entziehung der Fahrerlaubnis schon nach dem Wortlaut der StGB-Vorschrift kein Raum.
Der jetzt veröffentlichten Entscheidung (Beschluss vom 27.04.2005; - GSSt 2/04 -) lagen drei Urteile zugrunde, durch
die den Angeklagten jeweils die Fahrerlaubnis entzogen worden war. In dem einen Fall war ein wegen Betruges
verurteilte Mann mehrfach mit einem Auto zu Tankstellen gefahren, bei denen sein Mittäter absprachegemäß gesperrte
Kreditkarten zur Bezahlung getankten Benzins und anderer gekaufter Waren vorgelegt hatte. In dem weiteren Fall hatte
der wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilte Angeklagte die Tatbeute, u.a. Schmuck und Bargeld, mit seinem
Pkw vom Tatort abtransportiert. In dem dritten Fall hatte ein Drogendealer für die einzelnen Beschaffungsfahrten sein
Fahrzeug benutzt.
Auf die Revisionen der Angeklagten hatte der Generalbundesanwalt jeweils die Aufhebung des Maßregelausspruchs
(Führerschein-Entzugs) beantragt, weil allein die Benutzung eines Kraftfahrzeugs zur Begehung der abgeurteilten
Straftaten die für die Entziehung der Fahrerlaubnis vorausgesetzte charakterliche Ungeeignetheit zum Führen von
Kraftfahrzeugen nicht belege.