|
Neu ab Mitte 2005: Mercedes M-Klasse |
DaimlerChrysler |
Sie war keine Freude für Verfechter der "reinen Lehre", für Mercedes-Fans von altem Schlage. Als die M-Klasse im Mai
1997 auf den Markt kam, wagte sich die Stuttgarter Automarke auf ungewohntes Terrain. Erstmals trat ein deutscher
Hersteller in der sich neu formierenden Klasse der sogenannten SUVs an. Die M-Klasse war keine Limousine, aber sie war
eben auch nie ein richtiger Geländegänger à la G-Klasse. Dazu wurde das Auto in einem eigenes errichteten Werk im
amerikanischen Tuscaloosa gebaut, hatte mehr Cupholder als seinerzeit in Deutschland üblich - und deswegen den
Lichtschalter im Lenkstockhebel.
Siebeneinhalb Jahre später muss konstatiert werden, dass Mercedes rund 650.000 Fahrzeuge der Modellreihe verkaufen
konnte, dass die M-Klasse im Zuge der Modellpflege optisch deutlich gewonnen hat - und für manch einen, der noch
die alten Mercedes-Instrumente mag, vielleicht sogar ein bisschen zum Verfechter der reinen Lehre wurde.
Geschichte. Heute hat Mercedes die ersten Informationen und Bilder zur zweiten Auflage freigegeben. Um es
vorwegzunehmen - der Lichtschalter scheint den ersten Fotos nach dem Blinkerhebel entkommen (dort sind nun Tempomat
und Parktronic-Justierung integriert), und auch sonst macht das Auto einen guten (ersten) Eindruck.
In punkto Design ist auch der Neue sofort als M-Klasse zu identifizieren, aber doch in nahezu allen Details schöner
geworden. Dazu trägt unter anderem die um 15 Zentimeter in der Länge und satte sieben Zentimeter in der Breite
vergrößerte Karosserie bei, deren Höhe gleichzeitig um einen knappen Zentimeter reduziert wurde. Der Radstand wächst
um 9,5 cm auf jetzt knapp 2,92 Meter.
An der Front fallen ungewöhnlich klassisch gestaltete Scheinwerfer auf, die erstmals den Blinker horizontal integrieren.
Die Frontschürze reicht nun direkt bis an die Leuchteinheiten heran und sorgt zusammen mit dem breiteren Grill und den
jetzt tiefer angeordneten und runden Nebelscheinwerfern für ein erwachseneres Bild. Die Seitenansicht ist geprägt von den
wuchtigen, nicht mehr gleich hoch angeordneten Türgriffen im aktuellen Mercedes-Look, einer flacheren Frontscheibe sowie
von deutlich stärker modellierten Radhäusern und weit in die Flanke reichenden Rückleuchten. Außerdem gibt es jetzt eine
schöner konturierte, leicht ansteigende Schulterlinie auf Höhe der Fensterkante, die die C-Säule und das dritte
Seitenfenster optisch besser mit dem Passagierabteil verbindet. Die A-Säule und die Dachkante sind dagegen nicht mehr
von den Türrahmen verdeckt. Die Heckpartie ist unaufgeregt und weitgehend zeitlos gezeichnet und wirkt auch wegen der
symmetrisch angeordneten Auspuffanlage dabei ebenfalls deutlich "satter" als bisher. All das wird abgerundet durch
17-Zoll-Räder mit 235/65er-Bereifung bei den Sechszylindern und 18 Zoll-Pneus der Dimension 255/55 beim V8. Am Rande
positiv bemerkt: Schildchen mit Ausstattungsnamen auf den Kotflügeln gibt es nicht, seitliche Schutzleisten schon, und
der Tankdeckel sitzt nun da, wo er hingehört - rechts.
Im Interieur gibt es eine komplett neu entwickelte Optik und mehr Platz. Die Instrumentierung besteht jetzt aus zwei
großen, einzeln eingefassten und schräg nach innen angewinkelten Rundinstrumenten mit je einer weiteren kleinen Runduhr
im unteren Segment. Analog werden also Geschwindigkeit, Drehzahl, Uhrzeit und Tankinhalt signalisiert, womit nun auch
Mercedes auf ein normales Kühlwasser-Thermometer verzichtet. Das Design wird im übrigen bestimmt durch runde
Luftausströmer à la CLK und einen Mitteltunnel, auf dem man einen Wählhebel nicht findet: Die in allen Varianten
serienmäßige Automatik wird fortan über einen zweiten, rechts angeordneten Lenkstockhebel bedient, wie man es
vom BMW 7er kennt und wie man es zweifellos mögen muss.
Dazu kommen hochwertigere Materialien und wie erwähnt mehr Platz. So vergrößert sich der Abstand zwischen Vorder- und
Fondsitz gegenüber dem Vorgängermodell um 1,5 auf 88 Zentimeter, die Kniefreiheit der Insassen im Fond verbessert sich
um 3,5 und die Ellenbogenbreite um 3,2 Zentimeter. Die Vordersitze sind serienmäßig teilelektrisch ausgeführt.
Kissen und Lehnen der Fondsitze sind im Verhältnis 63:37 geteilt und umklappbar. Auf Wunsch lassen sich beide Sitzkissen
herausnehmen, sodass im Fond eine ebene Ladefläche von über 2,10 Meter Länge entsteht. Das maximale Ladevolumen beträgt
2.050 Liter und übertrifft den Wert des auslaufenden Modells damit um 30 Liter. Auf Wunsch erhalten Käufer jetzt
auch in der M-Klasse das "EASY-PACK"-System, bestehend u.a. aus einer elektrisch betätigten Heckklappe und einem Paket
zur sicheren Arretierung des Ladeguts.
Zur Technik: Vorder- und Hinterachse sind neu entwickelt. Die Vorderräder werden von einer Doppelquerlenkerachse geführt,
hinten gibt es eine nach dem Vierlenkerprinzip konstruierte Achse.
Den permanenten Allradantrieb und das Traktionssystem 4ETS hat Mercedes weiterentwickelt und durch zusätzliche
Funktionen wie Bergab-Fahrhilfe, Anfahr-Assistent und Offroad-ABS ergänzt. In punkto Allradtechnik steht künftig
optional ein neues Offroad-Paket zur Wahl, mit dem die M-Klasse auch schwierige Geländepassagen meistern können
soll. Es beinhaltet unter anderem ein Zweistufen-Verteilergetriebe mit Gelände-Untersetzung, manuell oder automatisch
zuschaltbaren Differenzialsperren (100 Prozent) zwischen Vorder- und Hinterachse sowie an der Hinterachse und eine für
Offroad-Fahrten modifizierte Luftfederung "AIRMATIC", mit der die Bodenfreiheit um 110 auf bis zu 291 Millimeter und die
Wattiefe auf bis zu 600 Millimeter angehoben werden kann.
Die Luftfederung ist auch außerhalb des Offroad-Pakets auf Wunsch in einer Straßenversion zu haben. Die AIRMATIC wird
serienmäßig mit dem adaptiven Dämpfungssystem (ADS) kombiniert, das die Stoßdämpferkraft situationsgerecht regelt.
Erstmals bietet Mercedes in einer weiteren Baureihe neben der S-Klasse das vorausschauende, mehrfach ausgezeichnete
Sicherheitssystem "PRE-SAFE" an. In fahrdynamisch kritischen, unfallträchtigen Situationen wird das System aktiv,
um Insassen und Auto auf eine möglicherweise drohende Kollision vorzubereiten. Dafür werden vorsorglich die Gurte
von Fahrer und Beifahrer gestrafft und der (optionale) elektrisch einstellbare Beifahrersitz hinsichtlich seiner
Längseinstellung sowie der Kissen- und Lehnenneigung in eine optimale Position gebracht und schließlich bei einem
drohenden Überschlag das Schiebedach geschlossen. PRE-SAFE wird als Extra angeboten. Serienmäßig kümmern sich um
die Sicherheit dagegen neu entwickelte aktive Kopfstützen "NECK-PRO" und Gurtstraffer mit Gurtkraftbegrenzer auch
auf den drei hinteren Plätzen. (Nachtrag, 09.01.2005: Die aktiven Kopfstützen kosten ebenfalls Aufpreis.)
Viel Neues gibt es auch unter der Haube. Zum Start stehen vier Triebwerke zur Verfügung, drei davon neu. Wichtigste
Neuheit dabei ist der große Diesel mit 3,0 Litern Hubraum, der hier bereits in der neuen Variante antritt. Das
bedeutet - Verfechter der reinen Lehre müssen wieder weghören - eine Umstellung auf V-Bauweise und eine um 20 auf
jetzt 224 PS gesteigerte Leistung. Das Drehmoment beträgt außerordentlich üppige 510 Newtonmeter (bisher: 500) ab 1.600
(bisher: 1.800) Touren. Den Kraftstoffverbrauch gibt Mercedes mit 9,4 Litern im Mittel an. Der gleiche Wert gilt auch
für die zweite Version, die auf den Namen 280 CDI hört. Dabei handelt es sich aber nicht wie in der E-Klasse um die
gedrosselte Variante des 320CDI R6, sondern um eine in der Leistung auf 190 PS, nicht aber im Hubraum reduzierte
Version des neuen Triebwerks. Der 2,7 Liter-Fünfzylinder wird nicht mehr angeboten und wohl auch in den anderen
Baureihen peu à peu gestrichen. Zum Thema Rußfilter gibt es noch keine Informationen, aber es spricht alles dafür,
dass sie zumindest als Extra, wenn nicht gar serienmäßig, angeboten werden.
Benziner-Kunden haben zunächst die Wahl zwischen dem neuen, aus SLK-, E- und CLS-Klasse bekannten 3,5 Liter-V6
mit 272 PS und dem bewährten V8-Aggregat mit fünf Litern Hubraum und jetzt 306 PS. Alle Varianten sind serienmäßig
mit der ebenfalls noch recht neuen Siebengang-Automatik gekoppelt, die wie erwähnt nun per Lenkstockhebel bedient
wird. Mercedes wäre nicht Mercedes, hätte man nicht auch dafür einen "hippen" Begriff erfunden - "DIRECT SELECT".
Zusätzliche Lenkrad-Schalttasten ermöglichen den schnellen manuellen Wechsel der Fahrstufen. Zusammen mit dem von
0,39 auf 0,34 verbesserten Luftwiderstandswert sorgt die "7G-TRONIC" für um bis zu zehn Prozent bessere Verbrauchswerte.
Zur sonstigen Ausstattung hält sich Mercedes bisher bedeckt. Klar ist lediglich, dass sowohl das COMAND-System
als auch Bi-Xenon- und Abbiegelicht, Parkhilfe, Luftfederung, "EASY-PACK" und die große Klimaautomatik "THERMOTRONIC"
jedenfalls in den V6-Versionen extra bezahlt werden müssen. Serienmäßig sind dagegen naturgemäß eine
Zweizonen-Klimaautomatik, sechs Airbags, ESP und der neue, besonders kratzfeste Lack auf Basis der Nano-Technologie.
Nach der Weltpremiere auf der Auto-Show in Detroit im Januar wird die neue M-Klasse im Frühjahr 2005 in den USA und
im Sommer 2005 in Europa auf den Markt kommen. Preise liegen noch nicht vor, dürften aber ausstattungsbereinigt
nicht wesentlich über dem bisherigen Niveau angesiedelt sein. Alles in allem darf vorausgesagt werden, dass die neue
M-Klasse, deren Modelle aus markenrechtlichen Gründen auch künftig die Bezeichnung "ML" tragen werden, den Erfolg
des Vorgängers nicht nur erreichen, sondern überflügeln werden. Auch mit einigen Kunden, die eigentlich die "reine
Lehre" verfechten. Das bedeutet dann auch gleichzeitig härtere Zeiten für die Hauptkonkurrenten Porsche Cayenne, VW
Touareg und BMW X5.