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Aktuelle Autositze im Heck- |
GDV |
Crashtest: Nur 16 Prozent sind gut |
Sechs von zehn Autositzen bieten bei einem Heckaufprall ungenügende Sicherheit, jeder dritte Sitz ist "ungenügend". Dies
geht aus einer jetzt vom Verkehrstechnischen Institut der Deutschen Versicherer in Berlin veröffentlichten Untersuchung
hervor, bei der 111 Sitze von gängigen Modellen des aktuellen Jahrgangs untersucht wurden. Grundlage hierfür war ein
neues Testverfahren, auf das sich die Versicherer in diesem Jahr weltweit geeinigt hatten.
Für die dynamischen Tests wurden die Sitze auf einen Testschlitten montiert und - wie bei einem Heckaufprall - aus dem
Stand nach vorne beschleunigt. Dabei wurde ein typischer Stoßverlauf simuliert, der den Sitz innerhalb von 90 Millisekunden
auf eine Geschwindigkeit von 16 km/h beschleunigte - was ungefähr einem Aufprall in das Heck eines stehenden Fahrzeuges mit
32 km/h entspricht. Als Crashtestdummy kam ein speziell für diese Versuchsart entwickelter "BioRID II" (Rear Impact Dummy)
zum Einsatz.
Während 80 Prozent der getesteten Sitze die Geometrie-Bewertung "gut" oder "akzeptabel" erzielten, hatten 17 Prozent eine
mäßige und drei Prozent sogar eine schlechte Geometrie. Diese Gruppe von Sitzen erhielt deshalb in der Gesamtbewertung ohne
weiteren Schlittentest das Urteil "schlecht". Von den weiteren 89 Sitzen, die zusätzlich "gecrasht" wurden, erreichten beim
dynamischen Test nur 17 Prozent die Note "gut" und 23 Prozent ein "akzeptabel". Die Gesamtbewertung aus Geometrie- und
Dynamiktest fällt dementsprechend schlecht aus: Mehr als die Hälfte der untersuchten Sitze erhielt eine mäßige (25 %) oder
eine schlechte Bewertung (35 %), knapp ein Viertel (23 %) wurden insgesamt "akzeptabel" beurteilt und nur 16 Prozent
erhielten das Prädikat "gut".
Die mit "gut" bewerteten Kandidaten sind Opel Corsa, Renault Scénic und Modus, Ford Focus, Focus C-MAX und Mondeo sowie
Jaguar S-Type, Nissan Almera Tino und Primera, Saab 9-3, Seat Altea und Toledo sowie die Volvo-Modelle S40, S60, V70, S80
und XC90. Unter den Schlusslichtern befinden sich u.a. Ford Ka, Fiat Panda, Renault Clio, VW Polo, Alfa 147, Toyota
Corolla, BMW 5er, Opel Meriva, VW Sharan und LandRover Freelander. Die schlechten Ergebnisse sind also keineswegs auf
Fahrzeuge der unteren Preisklassen beschränkt. Unter den gut und "akzeptabel" abschneidenden Sitzen sind mehrere mit
"aktiven" Kopfstützen, die sich - beispielsweise über einen Hebelmechanismus - schneller an den Hinterkopf bewegen und
eine Überdehnung der Halswirbelsäule verhindern. Aber auch konventionelle Sitzkonstruktionen können, wie einige Kleinwagen
beweisen, einen akzeptablen Schutz bieten. Die Einzelbewertungen hat der Gesamtverband der Deutschen
Versicherungswirtschaft (GDV) inzwischen auch veröffentlicht (siehe nachfolgende Downloads).
Die Bewertungen der Modelle
(pdf-Dokumente):
Hintergrund der Untersuchung sind jährlich etwa 200.000 Heckauffahrunfälle in Deutschland, bei denen es oftmals zu einer
Verletzung der Halswirbelsäule kommt. Die oft auch als Schleudertrauma
(
schematische Darstellung)
bezeichnete Verletzung führt bei den Betroffenen zu
Nacken- oder Kopfschmerzen - in jedem zehnten Fall sogar zu länger andauernden Beschwerden. Die dabei entstehenden Kosten
beziffert der GDV auf rund eine Milliarde Euro im Jahr für medizinische Behandlung, Lohnfortzahlung und Schmerzensgeld -
Kosten, die alle Autofahrer über ihre Versicherungspolicen mittragen müssen. Mit guten Sitz-Kopfstützenkombinationen ließe
sich laut GDV mindestens jede dritte HWS-Verletzung nach leichten Auffahrunfällen vermeiden.
Voraussetzungen dafür sind eine Kopfstütze, die sich auch für große Personen weit genug herausziehen lässt und die
nicht zu weit vom Kopf entfernt ist. Selbst solche einfachen Grundregeln erfüllen aber viele Sitze nicht. Deswegen
fordert der GDV eine dringende Novelle der entsprechenden europäischen ECE-Normen. Sollte dies nicht in absehbarer
Zeit möglich sein, müsse über eine nationale Zwischenlösung nachgedacht werden.
Last, but not least: Der beste Sitz und die beste Kopfstütze helfen nur dann, wenn Autofahrer sie auch richtig einstellen.
Die Oberkante der Kopfstütze sollte dabei ungefähr auf Höhe der Kopf-Oberkante sein, der Abstand zwischen Kopf und -stütze
nur wenige Zentimeter betragen. Die Rückenlehne des Sitzes sollte möglichst steil stehen. Damit übrigens ist auch
eine Vollbremsung besser zu bewerkstelligen - und unbequem ist das alles dabei nicht, höchstens anfänglich ungewohnt.