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Mittwoch, 17. April 2024
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ACE: Spezieller Maßnahmenplan der Versicherungen ab 50 beteiligten Kfz

Zur Frage der Schadenregulierung bei Massenkarambolagen

Der Herbst ist da, und mit ihm kommen auch wieder Massenkarambolagen auf den Autobahnen, wie zuletzt am Freitag auf der A8 zwischen Stuttgart und München - meist bedingt durch eine Gefahr, die in den Köpfen vieler Autofahrer noch immer nicht wahrgenommen bzw. deutlich unterschätzt wird: Nebel.

Doch wie werden solche Unfälle eigentlich von den Versicherungen reguliert? Die Lage klingt zunächst paradox: Je mehr Fahrzeuge in eine Massenkarambolage verwickelt sind, umso bereitwilliger und unkomplizierter werden die Schäden von den Assekuranzen reguliert. Darauf hat jetzt der Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart hingewiesen.

Als einen Grund für die außergewöhnliche Praxis der Versicherungsunternehmen nennt der Automobilclub Schwierigkeiten, einen Massenunfall so zu rekonstruieren, dass zweifelsfrei der Unfallverursacher dingfest gemacht und damit die Schuldfrage geklärt werden kann. Damit die Geschädigten trotz nicht klärbarer Schulfragen dennoch ihren Anspruch auf Versicherungsleistungen geltend machen können, setzt die Versicherungsbranche in solchen Fällen einen speziellen Maßnahmeplan in Kraft. Er sieht vor, dass die Geschädigten ihre Ansprüche in voller Höhe gegenüber dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und nicht bei einer einzelnen Versicherungsgesellschaft anmelden. Dies gilt jedoch nur, wenn mindestens 50 Fahrzeuge als Pulk in einem begrenzten Bereich am Crash beteiligt waren. Bei 20 bis 49 in die Karambolage verwickelten Fahrzeugen tritt der Maßnahmeplan den Angaben zufolge nur dann in Kraft, wenn eine präzise Unfallrekonstruktion mit der Feststellung eines Hauptschuldigen nicht möglich ist - etwa durch Verwischung von Beweismitteln durch Bergungs- und Löscharbeiten am Unfallort. Häufig liegt dabei das Problem in der Beantwortung der Frage, ob ein Fahrzeug aufgefahren ist oder vom folgenden Pkw aufgeschoben wurde.

Bei unter 20 beteiligten Fahrzeugen erfolgt grundsätzlich keine gemeinsame Regulierung. Dann gilt, so der ACE, das übliche Haftpflichtrecht. Das setzt voraus, dass der Hauptschuldner festzustellen ist. Tragen mehrere Kraftfahrer eine Teilschuld, wird das Haftpflichtteilungsabkommen angewandt, indem eine Ausgleichsquote zur anteiligen Aufteilung der Haftung festgelegt wird. Wichtig ist, dass sich die Beteiligten nach einer Massenkarambolage mit weniger als 20 Beteiligten wie bei sonstigen Unfällen auch gegen spätere Haftungsansprüche seitens Dritter absichern.

Über den Zentralruf der Autoversicherer (24h-Telefon 0180-25026) kann in Erfahrung gebracht werden, bei welcher Versicherungsgesellschaft der Unfallgegner versichert ist. Dazu sind nur Angaben zum Kennzeichen und Namen des Fahrzeughalters erforderlich - und sofort wird der zuständige Versicherer ermittelt oder man wird, wenn nötig, direkt weiter verbunden. Falls der Unfallverursacher geflüchtet oder nicht haftpflichtversichert ist, hilft die Verkehrsopferhilfe in Hamburg.

Auf die Verfahrensweise bei der Schadensregulierung von Massenunfällen haben sich die Autoversicherer verständigt, nachdem es im Jahre 1976 auf der A 81 zwischen Stuttgart und Ludwigsburg einen Massenunfall gab, an dem Insgesamt 192 Fahrzeuge beteiligt waren. Der inzwischen aktualisierte Maßnahmeplan dient dazu, im Interesse der Unfallopfer kostspielige und langwierige Streitigkeiten bei der Schadensregulierung zu vermeiden.
text  Hanno S. Ritter
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