Die Bundesregierung plant diversen Medienberichten zufolge, das Bußgeld für Verstöße gegen das Handy-Verbot
am Steuer um zehn auf 40 Euro zu erhöhen; damit würde gleichzeitig auch ein Punkt in Flensburg einhergehen,
was die Akzeptanzquote deutlich verbessern dürfte.
In der aktuellen Diskussion hat sich nun auch der Automobilclub von Deutschland (AvD) eingeschaltet und die völlige
Abschaffung der Regelung gefordert. Nach AvD-Auffassung lösen weder die jetzige Regelung noch die geplante härteren
Sanktionen das eigentliche Problem, und sie seien kontraproduktiv. "Schon das bestehende Gesetz allein vermittelt ein
völlig falsches Bild", so AvD-Sprecher Jochen Hövekenmeier am Sonntag in Stuttgart. "Der Staat sagt seinen Bürgern mit
diesem Gesetz, dass Telefonieren am Steuer ungefährlich sei, wenn man eine Freisprecheinrichtung benutze. Das ist doch
völliger Unsinn, denn die Ablenkung geht vom Telefongespräch aus und nicht von der Frage, ob ich das Gerät in der Hand
halte."
Nicht näher bezeichnete Studien aus den USA und Großbritannien sowie Testfahrten des Clubs hätten dies "eindeutig
bestätigt". Nach der deutschen Unfallstatistik, so der AvD, würden von den fast 2,3 Millionen Unfällen pro Jahr
rund 100.000 durch abgelenkte Autofahrer verursacht. Lediglich 1,5% davon ließen sich durch ihr Handy ablenken, das
sind jährlich rund 1.500 Unfälle durch das Mobiltelefon. "Sämtliche dieser 1.500 Unfälle sind aber auf die Ablenkung
durch das Gespräch zurück zu führen, nicht in einem einzigen Fall wurde bekannt, dass der Unfall dadurch verursacht
wurde, dass der Fahrer das Telefon in der Hand gehalten hatte," so Hövenkenmeier weiter, ohne auf mögliche Dunkelziffern
und die sonstigen statistischen Ungenauigkeiten einzugehen. Es wäre ein "Wahnsinn", an dem Gesetz festzuhalten, so
lange behördlich genehmigte Werbeplakate im öffentlichen Verkehrsraum "sieben Mal so viele Unfälle wie das Handy"
verursachen.
Fazit des AvD in der ihm eigenen drastischen Sprache: Es sei endlich Zeit, das "unsinnige Gesetz in den Mülleimer der
Geschichte zu werfen"; eine Verschärfung sei populistisch und ein "fachliches Armutszeugnis". Da das Telefonieren im Auto
faktisch nicht komplett zu verbieten sei, bleibt nach Auffassung des Clubs als Alternative nur eine verstärkte Aufklärung.
Kommentar:
Das Handy-Verbot ist in der Tat eine schwierige Angelegenheit, und so ganz falsch ist die Meinung des AvD natürlich nicht:
Die Ablenkung verursacht in erster Linie das Gespräch, nicht das eventuelle Halten eines Handys. Da auch Rauchen, Lachen,
Weinen, angeregte Unterhaltungen, das Bedienen des Radio- oder Navigationssystems oder laute Musik nicht explizit verboten
sind, ist das Handy-Verbot nicht konsequent - einmal abgesehen davon, dass auch eine Freisprechanlage in der Regel eine
(erlaubte) Tastenbedienung voraussetzt. Vielleicht kann man aber gerade das Handy-Verbot auch als ein Stück Aufklärung
betrachten, da es den Autofahrern die Problematik verdeutlicht. Trotz allem bleibt letztlich aber eine Freisprechanlage
- gemeint ist eine gut funktionierende und festeingebaute - die bessere Alternative gegenüber dem Handy-Halten; und
wenn durch das Verbot nur einige wenige Unfälle im Jahr verhindert werden, dann hat es doch bereits seinen, wenn auch
kleinen, Sinn. Die geplante Verschärfung daher nur als populistisch abzutun, greift zu kurz: Das AvD-Statement verdient
diese Bezeichnung mindestens so sehr. (hsr)