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Freitag, 19. April 2024
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Die anderen deutschen Hersteller sind auf das Thema schlecht zu sprechen

Bringt Ford den Rußfilter für Diesel-Modelle?

Rund drei Jahre nachdem der französische Automobilhersteller PSA (Peugeot/Citroën) den ersten rußgefilterten Diesel-Pkw eingeführt hat, habe nun Ford als erstes deutsches Unternehmen für das zweite Halbjahr 2003 Dieselfahrzeuge mit dieser Technik angekündigt. Die übrige deutsche Automobilindustrie verbleibe in ihrer Blockadefront und weigere sich weiterhin, dieselrußgefilterte Fahrzeuge anzubieten. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der Initiative "Kein Diesel ohne Filter" unter den deutschen Automobilherstellern, das heute veröffentlicht wurde. In einem Schreiben an die Deutsche Umwelthilfe e.V. habe Bernhard Mattes, Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke AG, noch für dieses Jahr dieselrußgefilterte Fahrzeuge angekündigt, so die Initiative.

Offensichtlich aber war hier der Wunsch Vater des Gedankens: Wie Ford auf Autokiste-Anfrage mitteilte, sei lediglich angekündigt worden, in der zweiten Jahreshälfte "geeignete Systeme zur Minimierung von Diesel-Partikeln" anzubieten und damit die EU4-Abgasnorm zu erfüllen. Ob es sich bei diesen Systemen um einen Partikelfilter oder andere, etwa innermotorische, Maßnahmen handeln wird, war nicht in Erfahrung zu bringen. Aus Wettbewerbsgründen, so Ford, solle dies erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden. Der Kölner Automobilhersteller bezeichnete einzelne Passagen der Pressemitteilung der Initiative schlicht als "falsch". - Bisher schafft kein deutscher Diesel die EU4-Norm, der VW Golf mit dem 100 PS-TDI (als Limousine) aber immerhin schon die weitgehend gleiche D4-Abgasnorm.

Die übrigen deutschen Automobilhersteller Volkswagen, Audi, BMW, DaimlerChrysler und Opel verbleiben bislang in ihrer Verweigerungshaltung gegenüber der Dieselrußfilterung, ohne wirksame Alternativen vorzuschlagen. Die Unternehmen hätten auf die Frage, welche Fahrzeuge sie im Jahr 2003 mit Partikelfilter (oder vergleichbar wirksamer Technologie) anbieten werden, die Antwort verweigert, heißt es weiter in der Mitteilung der Initiative. Stattdessen hätten sie in einem "wütenden Brief" über den Verband der Automobilindustrie (VDA) verlautbaren lassen, "mit Hochdruck an der Entwicklung dieser Systeme" zu arbeiten und dass "noch erhebliche offene Fragen zu klären" seien. Die Forderungen der Initiative nach Ausstattung aller Neufahrzeuge mit Dieselrußfilterung und Entwicklung von Nachrüstfiltern für Altfahrzeuge habe der VDA als "völlig unrealistisch" zurückgewiesen, ohne dies näher zu erläutern.

Stefan Bundscherer kündigte für den Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) "kreative Aktionen" zur Sensibilisierung der Bevölkerung an. "Wir werden im Verbund mit den übrigen Umwelt- und Verbraucherverbänden über die Dieselrußproblematik informieren und die Bürger auffordern, keine Dieselfahrzeuge ohne Partikelfilter zu kaufen." Insbesondere die Kinder, so Bundscherer, würden vom Partikelfilter profitieren, denn sie seien aufgrund ihrer geringeren Größe und schwächeren Lungenabwehr den krebserregenden Dieselrußpartikeln ungeschützt ausgeliefert.

Die schnelle Einführung von Technologien zur Minderung der Partikelemissionen soll durch eine weitere Verschärfung der EU-Abgasgrenzwerte für Pkw und Lkw und eine steuerliche Förderung erfolgen, kündigte Dr. Axel Friedrich, Abteilungsleiter Umwelt und Verkehr beim Berliner Umweltbundesamt an. "Das Umweltbundesamt hält eine schnelle Grenzwertfestsetzung für EURO 5 auf dem Niveau der Pkw-Otto-Motoren für dringend notwendig. Darüber hinaus besteht zwischen den Regierungen von Deutschland und Frankreich Einigkeit, durch die Minderung von Partikelemissionen aus Kraftfahrzeugen baldmöglichst zu einer weiteren Verschärfung der EU-Abgasgrenzwerte zu kommen." Ziel sei die breite und flächendeckende Einführung dieser Behandlungstechnik für Dieselmotoren.

"Kein Diesel ohne Filter" ist ein breites Aktionsbündnis aus Umweltverbänden, Verkehrs- und Automobilclubs, Gesundheitsexperten und Kinderschutzorganisationen. Hierzu gehören u.a. die Deutsche Umwelthilfe e.V., BUND, das Bundesumweltamt und der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Zu den weiteren Partnern und Unterstützern der Aktion gehören u.a. der Auto Club Europa (ACE), das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg, die WHO, der Bundesverband der Betrieskrankenkassen sowie die Umweltschutzorganisationen NABU e.V. und Greenpeace. Letztere hatte bereits im September vergangenen Jahres den TÜV Rheinland beauftragt, einen Partikelfilter nach dem PSA-Prinzip in einen gebrauchten Mercedes Diesel einzubauen. Dabei wurden nach eigenen Angaben hervorragende Resultate erzielt.

Kommentar:
Dass der Rußfilter kommen wird, ist völlig klar. Die medienwirksamen Aktionen der Initiative und ihrer Mitglieder werden dafür sorgen - und wenn erst einmal das Fernsehen das Thema entdeckt und aufgreift, wird es Bewegung geben. Dazu kommt der juristische Druck, den etwa Greenpeace auf die Hersteller ausübt. Außerdem hat Peugeot/Citroën mit inzwischen 400.000 verkauften Dieselmodellen mit Partikelfilter bewiesen, dass die Technik verfügbar und jedenfalls grundsätzlich funktionsfähig ist - was nicht heißen soll, dass man sie nicht eventuell noch verbessern könnte. Spätestens in ein paar Jahren müssen zumindest die großen Dieselmotoren sowieso mit dem System ausgestattet sein, um die Abgasgrenzwerte zu erfüllen. Da beim Diesel-Boom in Zeiten, da der Selbstzünder schneller denn je ist und der Spritpreis weiter steigt, ein Ende nicht abzusehen ist, täte die deutsche Auto-Industrie gut daran, der umweltfreundlichen Technik endlich den Weg zu ebnen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Ford sich nun - möglicherweise, muss hinzugefügt werden - an die Spitze einer Bewegung setzt, die man von den Diesel-Spezialisten und selbsternannten "Premium-Anbietern" VW oder Mercedes hätte erwarten können? Die Hinhaltetaktik der anderen Unternehmen ist aus den Zeiten der ersten Katalysatoren in Deutschland wohl bekannt, aber sie ist schädlich. Nicht nur für die Umwelt, sondern gerade auch fürs Marketing. (hsr)
text  Hanno S. Ritter
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