Fahren mehrere Fahrzeuge in einer Kolonne hinter einem langsameren her, sollen sie der Reihe nach überholen. So
haben es Generationen von Fahrschülern gelernt. Die Realität sieht leider oft anders aus, wie folgender
vom Anwalt-Suchservice mitgeteilter Fall zeigt:
Auf einer Landstraße fuhr ein landwirtschaftliches Gespann mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h. Ihm folgten
drei Fahrzeuge, die wegen der durchgezogenen Mittellinie nicht überholen durften. Als das Überholverbot
aufgehoben war, scherte der Letzte in der Kolonne aus und beschleunigte auf etwa 80 km/h. Dummerweise entschloss
sich der vor ihm Fahrende in fast demselben Moment ebenfalls zu einem Überholmanöver, und es kam zum Crash.
Die Sache ging vor Gericht, und das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass beide Unfallbeteiligten für den
Schaden je zur Hälfte aufzukommen hätten. Sie trügen beide Schuld an dem Zusammenstoß (Urteil vom
26.07.2001,
- 9 U 195/00 -). Dem Voranfahrenden sei vorzuwerfen, dass er sich beim Ausscheren zum
Überholen nicht vergewissert habe, keinen der nachfolgenden Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Der von hinten
Kommende hätte aber seinerseits damit rechnen müssen, dass vor ihm jemand aus der Kolonne ausscherte. Wenn er
dennoch überholen wollte, so die Richter, dann hätte er seine Absicht zumindest durch Hupe oder Lichthupe
ankündigen müssen, um die Vorausfahrenden zu warnen.