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Kleiner Lebensretter: Motorrad- |
Bosch |
ESP von Bosch feiert Premiere bei KTM |
Rund 5.000 Motorradfahrer starben 2010 auf Europas Straßen. Dass es künftig mutmaßlich deutlich weniger werden, liegt an einem
kleinen Elektronikkasten. Bosch bringt das bei Autos schon längst selbstverständliche ESP nun endlich auch für Motorräder.
Der Großserienstart aber lässt noch auf sich warten.
Mit der Motorcycle Stability Control (MSC) hat Bosch ein Bremsregelsystem für Motorräder entwickelt, das erstmals in allen
Fahrsituationen für größtmögliche Stabilität sorgt. Es unterstützt den Fahrer beim Bremsen und Beschleunigen, bei Geradeausfahrt
sowie in Kurven.
Technische Basis für die MSC sei das "ABS enhanced" für Motorräder, erläutert Fevzi Yildirim, der Leiter des
Bosch-Entwicklungszentrums für Zweiradsicherheit in Japan. "Die neuen Funktionen werden aber erst mit einer
umfangreichen Sensorik und ausgeklügelter Software möglich."
Ihre Vorteile zeigt MSC vor allem bei Kurvenfahrt, dort, wo sich fast jeder zweite Motorradunfall mit Todesfolge ereignet,
wie Gerhard Steiger erläutert, Vorsitzender des Bosch-Geschäftsbereichs Chassis Systems Control. Beim starken Bremsen in
Kurven verringert das Motorrad-ESP das Aufstellmoment der Maschine. Dieses ungewollte Aufrichten aus der Schräglage führt
zu einem größeren Kurvenradius und dadurch oftmals zum Verlassen der eigenen Fahrspur - der Beginn eines meist fatalen Unfalls.
Die elektronische Verbundbremse eCBS verteilt in solchen Situationen die Bremskraft bestmöglich zwischen beiden Rädern und
stabilisiert dadurch die Kurvenfahrt.
MSC reduziert auch die Gefahr von Kurvenunfällen, bei denen die Räder des Motorrads nach außen wegrutschen. Diese sogenannten
lowsider passieren, wenn bei Kurvenfahrt zu stark gebremst wird und die Räder nicht mehr genügend Seitenführung aufbauen können.
MSC erkennt diese Gefahr und reduziert die maximale Bremskraft. Die eCBS-Funktion verteilt die maximal verfügbare Bremskraft
zwischen den Rädern, um die bestmögliche Bremsleistung bei Kurvenfahrt sicherzustellen. Dies gilt auch bei fälschlicher
Betätigung nur der Hand- oder Fußbremse.
Eine weitere Funktion nennt Bosch überraschend denglischfrei "Hinterrad-Abhebe-Erkennung". Sie verhindert ein ungewolltes Abheben
des Hinterrades, indem sie bei hohen Reibwerten die maximale Bremskraft am Vorderrad reduziert und damit die Fahrstabilität
unter Berücksichtigung von Nickrate und Längsbeschleunigung erhält. Auch das Abheben des Vorderrads bei sehr starker Beschleunigung
wird durch eine elektronische Drehmoment-Begerenzung verhindert.
MSC registriert mit einer umfangreichen Sensorik die Fahrdynamik der Maschine. So messen unter anderem
Radsensoren die Umdrehungsgeschwindigkeit von Vorder- und Hinterrad, und ein Schräglagesensor registriert mehr als 100 Mal pro Sekunde
Schräglage und Nickwinkel. Anhand aller Sensordaten, einem Drehzahlvergleich zwischen Vorder- und Hinterrad sowie weiterer
motorradspezifischer Parameter wie Reifengröße, Reifenform und geometrischem Einbauort des Sensors errechnet das Steuergerät
die vom Neigungswinkel abhängigen physikalischen Grenzen der Bremskraft.
Erstmals in Serie geht das Motorrad-ESP noch in diesem Jahr nicht bei BMW oder der Audi-Tochter Ducati, wie man vielleicht annehmen
könnte, sondern bei KTM. Dass die anderen Bike-Hersteller zeitnah folgen werden, ist zu hoffen.
Bei Pkw feierte das von Bosch und Daimler entwickelte ESP 1995 Premiere in der Mercedes S-Klasse, inzwischen ist es europaweit für Neufahrzeuge
vorgeschrieben - und dürfte Zigtausende von Menschenleben gerettet haben. Der Begriff ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) ist in Deutschland
weit verbreitet, aber eine Marke der Daimler AG, weswegen etliche Hersteller abweichende Bezeichnungen verwenden; zuletzt setzte sich etwa im
VW-Konzern immer mehr ESC (Electronic Stability Control) als herstellerunabhängiger Name durch.