EU-Kommission wirft dem Unternehmen Wettbewerbsvorschriften vor / Rechtsmittel angekündigt
Die Europäische Kommission hat beschlossen, gegen die DaimlerChrysler AG eine Geldstrafe in Höhe von 71,825 Mio.
Euro (rund 140,5 Millionen Mark)
zu verhängen. Damit sollen Maßnahmen geahndet werden, mit denen DaimlerChrysler versucht haben soll, den
Parallelhandel zu erschweren und den Wettbewerb im Kfz-Leasing und -Handel einzuschränken. Die Kommission
verhängt damit bereits zum vierten Mal eine Geldstrafe gegen einen Automobilhersteller, der gegen die
EG-Wettbewerbsvorschriften verstoßen hat. Die Strafe gegen die Stuttgarter Autobauer sei das bisher
dritthöchste Strafgeld, das jemals gegen ein einzelnes Unternehmen verhängt worden sei, erklärte
EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti.
Die Kommission will drei Arten von Verstößen gegen das EG-Wettbewerbsrecht festgestellt haben:
-
Erstens habe DaimlerChrysler Maßnahmen getroffen, um den Parallelhandel zu erschweren. Das Unternehmen habe die
Mitglieder seines deutschen Vertriebsnetzes für Mercedes-Pkw, das rund zur Hälfte aus Vertretungen besteht,
angewiesen, keine Fahrzeuge außerhalb des eigenen Absatzgebiets zu verkaufen. Außerdem habe DaimlerChrysler
seinen Vertriebspartnern die Anweisung erteilt, von ausländischen Kunden, die ein Auto in Deutschland bestellen,
eine Anzahlung von 15% zu verlangen. Von deutschen Kunden wurde dies nicht verlangt.
-
Beim zweiten Verstoß habe DaimlerChrysler in Deutschland und Spanien den Kfz-Absatz durch Mercedes-Vertretungen
oder -Vertriebshändler an unabhängige Leasingunternehmen, die noch keine Kunden ("Leasingnehmer") für das
betreffende Fahrzeug gefunden hatten, beschränkt. Auf diese Weise habe das Unternehmen den Wettbewerb zwischen
eigenen und unabhängigen Leasingunternehmen eingeschränkt, da letztere keine Fahrzeuge auf Lager nehmen und die
üblichen Großabnehmerrabatte nicht nutzen konnten.
-
Der dritte Verstoß schließlich betrifft die angebliche Beteiligung des
Konzerns an einer Preisfestsetzungsvereinbarung
in Belgien. Ziel dieser Vereinbarung sei es gewesen, die Preisnachlässe einzuschränken, die den Verbrauchern von
der Landesgesellschaft Mercedes Belgium und den belgischen Mercedeshändlern eingeräumt wurden.
DaimlerChrysler hat diese Vorwürfe immer bestritten.
Die Maßnahmen von DaimlerChrysler verstoßen gegen Artikel 81 Absatz 1 des EG-Vertrages, wonach alle
Vereinbarungen zwischen Unternehmen untersagt sind, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen
können und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes
bezwecken oder bewirken. Außerdem dürfen Automobilhersteller und ihre Importeure die Freiheit des
Endverbrauchers, einen Neuwagen im Mitgliedstaat seiner Wahl zu erwerben, weder direkt noch indirekt
einschränken. Auch die Freiheit der Händler, die Preise und Preisnachlässe beim Weiterverkauf an den
Endverbraucher festzusetzen, dürfen nicht eingeschränkt werden.
Die Höhe der Geldbuße bemisst sich nach der Schwere der Verstöße (dabei wird auch die Marktstellung des Unternehmens berücksichtigt) und nach ihrer Dauer, teilte die
Kommission mit. Außerdem müsse die Geldbuße auf DaimlerChrysler und andere Unternehmen hinreichend abschreckend wirken.
Medienberichten zufolge hält DaimlerChrysler verhängte Geldbuße wegen unzulässiger Vertriebspraktiken für
unangemessen und wird aller Voraussicht nach gegen die Entscheidung vorgehen. Man werde hierüber kurzfristig
entscheiden, hieß es.
Gegen Volkswagen hatte die Kommission 1998 wegen ähnlicher Vorwürfe bereits ein Bußgeld von 102 Millionen Euro
verhängt. VW klagte gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof und erreichte eine Absenkung des
Betrags auf 90 Millionen Euro.