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Donnerstag, 28. März 2024
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Neue Perspektiven für 3.500 Arbeitslose

Einigung bei Volkswagen-Projekt 5000 x 5000

Siehe Bildunterschrift
Die Verhandlungen zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall zum Projekt "5000 x 5000" sind am frühen Dienstagmorgen in Hannover erfolgreich abgeschlossen worden.

Danach sollen zukunftsweisende Formen der Geschäftsprozesse und völlig neu gestaltete Abläufe in der Automobilproduktion umgesetzt werden. Ziel dieses Modells ist es, mit neu eingestellten ehemaligen Arbeitslosen am Standort Wolfsburg ein neues Produkt zu wettbewerbsfähigen Bedingungen zu fertigen und zu vertreiben. Volkswagen hatte der IG Metall gestern zu Beginn der Verhandlungsrunde ein neues Angebot unterbreitet.

Die jetzige Vereinbarung sieht nach Mitteilung von Volkswagen folgende Eckpunkte vor:
  • Das Programmentgelt wird wie folgt umgesetzt: Das tägliche Arbeitszeitende zur Programmerfüllung ist flexibel. Werden Stückzahl und Qualität nicht erreicht, hat der Mitarbeiter unmittelbar nach Schichtende die entsprechende Nacharbeit zu leisten. Eine Bezahlung der Nacharbeit erfolgt nur in den Fällen, in denen die Verantwortung beim Unternehmen liegt.
  • Die wertschöpfende regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 35 Stunden pro Woche im Durchschnitt eines Jahres. Die konkrete Steuerung erfolgt über die Flexibilität im Rahmen der Volkswagen-Woche bis zu einer schichtplanmäßigen Arbeitszeit von wöchentlich 42 Stunden. Es wird ein Arbeitszeitkonto mit einer Obergrenze von 200 Stunden eingerichtet. Über dieses Konto werden bei Bedarf auch 30 Spätschichten am Samstag gesteuert.
  • Die individuelle Qualifizierung soll durchschnittlich drei Stunden pro Woche betragen. Die Hälfte dieser Qualifizierungszeit wird als Arbeitszeit vergütet, die andere Hälfte wird von den Beschäftigten getragen.
  • Alle Beschäftigten erhalten ein einheitliches Monatsentgelt von 4.500 DM sowie einen Mindestbonus von monatlich 500 DM. Darüber hinaus ist ein persönlicher Leistungsbonus - bei Erreichen der Gewinnschwelle - sowie eine Ergebnisbeteiligung, abhängig von der Geschäftsentwicklung des Vorjahres, vorgesehen. Diese neue Form der Bezahlung mit Ergebnisbeteiligung entspricht dem Niveau des Flächentarifs.
Der Verhandlungsführer der Volkswagen AG, Dr. Josef-Fidelis Senn, betonte, dasss der Mitarbeiter zukünftig ein hohes Maß an persönlicher Verantwortung für Produktionsstückzahl und Qualität trage. Darüber hinaus zeigte er sich zuversichtlich, mit diesem Abschluss einen Beitrag zur Sicherung des Standortes Deutschland zu leisten.

Mit dem neuen Konzept können bei Volkswagen in Wolfsburg etwa 3.500 Arbeitslose eingestellt werden. Die Personalauswahl erfolgt über die zuständigen Arbeitsämter im Frühjahr 2002. Daran schließt sich ein Basistraining zur Erlangung der Industrietauglichkeit an. Nach einem zunächst befristeten Qualifizierungs- und Arbeitsverhältnis von sechs Monaten werden die Mitarbeiter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Das Projekt 5000 x 5000 soll von der neu gegründeten Auto 5000 GmbH umgesetzt werden.

Als "einen Erfolg für die IG Metall" hat Gewerkschaftsvorsitzender Klaus Zwickel das Verhandlungsergebnis bezeichnet. Mit dem Tarifabschluss habe sich die klare Linie der IG Metall weitgehend durchgesetzt. "Wir haben mit der 35-Stunden-Woche und den vereinbarten Einkommensregelungen zentrale Eckpunkte des Flächentarifvertrages auch in dem neuen Tarifmodell vereinbart", sagte Zwickel am Dienstag in Frankfurt. Gleichzeitig enthalte der Abschluss neue tarifpolitische Gestaltungselemente zur Qualifizierung und zur Arbeitsorganisation.

VW Gewerkschaft und Unternehmen waren vor neun Wochen bei einem ersten Anlauf vor allem am Widerstand der IG Metall gegen eine Wochenarbeitszeit von bis zu 42,5 Stunden und einer Bezahlung unterhalb des Flächentarifs gescheitert. Nach erheblichem Druck der Öffentlichkeit und der Politik hatten sich beide Seiten auf neue Gespräche verständigt und Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Einigung zugesagt. Schröder zeigte sich unterdessen zufrieden über die Einigung: Unternehmen und Gewerkschaft hätten Mut, Beweglichkeit und Verantwortungsgefühl gezeigt, so der Kanzler, der die Einigung als "wegweisend" bezeichnete.

Die Große Tarifkommission der sechs westdeutschen VW-Werke muss dem Vertrag am Mittwoch noch zustimmen.

Nach dem Abschluss gilt es als gesichert, dasss VW den neuen Golf Minivan in Wolfsburg bauen wird. Wenn nur alle Beteiligten wollen - vielleicht verstärkt durch den öffentlichen Druck und die Mahnung des Bundeskanzlers - ist der Standort Deutschland offenbar durchaus wettbewerbsfähig.
text  Hanno S. Ritter
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