Gericht: Abzustellen ist auf die konkrete Situation / Bei normaler Fahrlässigkeit haftet Kasko-Versicherung
Wer bei Rot über die Ampel fährt, muss sich nicht wundern, wenn es ordentlich kracht. Will er dann seine
Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, kann er eine böse Überraschung erleben. Denn diese muss bei schweren
Verkehrsverstößen nach dem Gesetz nicht unbedingt zahlen. Der Streit ist somit schon vorprogrammiert, wie auch
ein vom Oberlandesgericht Hamm entschiedener Fall zeigt.
Ein Mann war auf eine unübersichtliche Kreuzung gefahren. Vor ihm bog ein großer Linienbus rechts ab. Da dieser
sehr lang und sperrig war, benutzte der Busfahrer neben der Abbiegespur zusätzlich die Fahrspur des Pkw-Fahrers.
Zudem verdeckte der große Bus auch noch die Ampelanlage. Der Autofahrer wurde dadurch derart irritiert, dasss er
versehentlich bei "Rot" über die Kreuzung fuhr und mit einem anderen Pkw zusammenstieß.
Als er seine Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen wollte, lehnte diese jegliche Leistung ab. Sie war der
Auffassung, der Versicherungsnehmer habe grob fahrlässig gehandelt und sie müsse daher nicht zahlen. Der erboste
Mann erhob Klage, und das OLG Hamm gab ihm Recht (Urteil vom 25.10.2000,
- 20 U 66/00 -). Ein so
genannter "Rotlichtverstoß" sei besonders gefährlich und in der Regel als grob fahrlässig einzustufen. Im zu
entscheidenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dasss die gesamte Verkehrssituation in hohem Maße die
Aufmerksamkeit des Autofahrers gefordert habe. Unter diesen Umständen sei es zwar fahrlässig gewesen, dasss er
sich durch den Bus habe ablenken lassen. Grobe Fahrlässigkeit hätte aber nur dann vorgelegen, wenn er entweder
durch absolute Nichtigkeiten unaufmerksam geworden wäre oder wenn er sich überhaupt nicht auf den Verkehr
konzentriert hätte. Beides sei hier nicht der Fall gewesen. Daher müsse die Versicherung den Schaden ersetzen.