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Donnerstag, 18. April 2024
Unfallforscher fordern hundertprozentige Anschnallquote

Gurtverweigerung kostet 200 Menschenleben

Die ganz überwiegende Mehrheit der Auto-Insassen schnallt sich heute an. Doch bei den Unfallopfern stellen die wenigen Gurtverweigerer eine große Konstante dar. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.
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Wenn alle Insassen von Pkw in Deutschland zu jeder Zeit korrekt angeschnallt wären, könnten rund 200 Verkehrstote und rund 1.500 Schwerverletzte pro Jahr vermieden werden. Dies ist das wichtigste Ergebnis einer aktuellen Auswertung der Unfallforschung der Versicherer (UDV).

Nach offiziellen Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen fahren rund 98 Prozent aller Pkw-Insassen mit Gurt. Laut Auswertung der UDV waren aber 28 Prozent aller im Straßenverkehr Getöteten nicht oder falsch angeschnallt. "Das zeigt das große Potential, das hier liegt. Mit keiner anderen Einzelmaßnahme lassen sich so viele Verkehrstote vermeiden", sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Weitere Ergebnisse: Am häufigsten getötet oder schwer verletzt wurden nicht angeschnallte Fahrer (43 Prozent), gefolgt von Rücksitzinsassen (36 Prozent) und Beifahrern (21 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Opfer waren männlich, das Durchschnittsalter lag bei 32 Jahren.

Da die Sicherheitswirkung des Gurtes allgemein bekannt ist, wollte die UDV wissen, was Pkw-Fahrer dennoch veranlasst, nicht angeschnallt zu fahren. In einer bundesweiten Online-Befragung im Frühjahr 2018 zeigte sich, dass insbesondere notorische Gurtverweigerer glauben, bei innerstädtischen Geschwindigkeiten ausreichend geschützt zu sein. Wie im realen Unfallgeschehen abgebildet, bekannten sich mehr Männer als Frauen dazu, nicht angeschnallt gefahren zu sein. Interessant auch, dass Fahrer sehr viel häufiger nicht angegurtet sind, wenn keine weiteren Insassen im Fahrzeug sind. Offenbar haben weitere Personen im Fahrzeug eine soziale Kontrollfunktion. Mögliche Strafen schrecken hingegen nicht ab: Die meisten Befragten halten eine Kontrolle durch die Polizei für unwahrscheinlich.

Brockmann fordert deshalb deutlich mehr polizeiliche Kontrollen und höhere Verwarnungsgelder. Die Industrie müsse alle Sitzplätze mit Gurtwarnern ausstatten, die mit Blinklicht und Warnton darauf aufmerksam machen, wenn Insassen nicht angeschnallt sind. Manipulationen des Gurtwarners, beispielsweise durch eingesteckte Gurtschlösser, müssten technisch verhindert werden. Zugleich gelte es, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, dass Kollisionen auch bei niedrigen Geschwindigkeiten ohne Gurt zu schwersten Verletzungen führen können. "Ziel muss eine hundertprozentige Anschnallquote sein", so Brockmann.

Wie ein Crash mit nur 20 km/h ohne Sicherheitsgurt abläuft, zeigt ein UDV-Video:
text  Hanno S. Ritter
IM KONTEXT: DER BLICK INS WEB
UDV
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