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Samstag, 20. April 2024
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Gut gestylter Kleinstwagen wird fünftürig / Smart-Kooperation bringt Heckantrieb

Neuer Renault Twingo: Aller guten Dinge sind drei

Renault
Neu mit Heckantrieb:
Renault Twingo III
Der erste Renault Twingo war 1992 kein besonders gutes, aber ein charakterstarkes Auto, beim Nachfolger von 2007 verhielt es sich tendenziell andersherum. Nun folgt Twingo Nummer drei, der beides kann – und konzeptionell gleich doppelt Neuland betritt. Im Mittelpunkt des Renault-Auftritts auf dem Genfer Autosalon steht dieses Jahr kein Facelift oder die x-te Studie des neuen Designchefs, sondern ein ganz reales Auto - klein und knuffig.

Gezeichnet hat den neuen Twingo auch der (schon gar nicht mehr so) neue Designchef Laurens van den Acker, und was dabei herausgekommen ist, ist nicht revolutionär, aber doch schön anzuschauen: Kurz und satt steht er da, der neue Twingo, ein kleines Auto mit einem Rad in jeder Ecke - ganz so, wie Mini es immer behauptet, aber immer weniger realisiert.

Dabei war die Aufgabe - einmal abgesehen davon, dass ein großes Coupé sowieso leichter zu zeichnen ist als ein Knirps - gar nicht einfach, denn das Renault-Management hatte 2008, ein Jahr nach dem Twingo-II-Start, als Ziel vorgegeben, den neuen kürzer zu machen als den bisherigen und vor allem, den "innovativen Geist des Twingo wieder aufleben" zu lassen, wie der Hersteller in ungewohnter Offenheit kommuniziert.

Das ist jedenfalls den ersten Bildern nach gelungen. Der Twingo kommt künftig mit rund 3,60 Meter Länge aus, zehn Zentimeter weniger als bisher. Gleichzeitig ist der Radstand um etwa den gleichen Wert - nein, nicht gesunken, sondern gewachsen. Das kommt der Optik zugute, wie man so sagt, wenn man das Design meint, hat aber auch ganz praktische Vorzüge: Innen, so hört man, bietet der neue Twingo merklich mehr Raum als der bisherige. Im Falle eines Falles lässt sich die Beifahrersitzlehne umklappen, dann nimmt es der kleine Franzose mit den längsten schwedischen Regalen auf.

Der Gewinn an Platz hat aber noch einen anderen, gewichtigen Grund: War der Twingo bisher ein konventionell konstruierter Kleinstwagen, so geht er künftig einen spezielleren Weg, einen, den ursprünglich auch VW für den Twingo-Konkurrenten Up geplant, dann aber doch verworfen hatte: Heckantrieb. Zurückzuführen ist dies auf die gemeinsame Entwicklung mit Daimler respektive mit Smart, wo man die diesbezüglichen Erfahrungen nicht über Bord werfen wollte und schon wegen der geringen Größe des Smart auch nicht konnte.

Den Kofferraum trägt der Twingo also zumindest überwiegend vorne - Details dazu mag Renault aber im Vorfeld der Messepremiere noch nicht erzählen. Ebenso gibt es noch keine Bilder des Innenraums (künftig wohl ohne Zentralinstrumente) oder technische Daten. Klar ist nur: Für Vortrieb sorgt ein neu konstruierter, kompakt bauender Dreizylinder, den es mit und ohne Turboaufladung geben wird und den wir auf etwa 70 und etwa 90 PS schätzen. Diesel ist und bleibt Fehlanzeige - es lohnt sich nicht in diesem Segment, das ebenso preissensibel ist wie von Wenigfahrern bevorzugt. Auch Smart wird einen Selbstzünder wohl nicht mehr anbieten. Anfangs wird manuell geschaltet, später kann auch ein Doppelkupplungsgetriebe geordert werden.

Und noch eine grundlegende Neuheit gibt es zu vermelden: Der Twingo wird - juhu! endlich! - ein Fünftürer, und zwar immer und ausschließlich, weil es praktischer selbst dann ist, wenn hinten niemand sitzt, und weil es besser aussieht. Die hinteren Türgriffe hat Renault in der C-Säule versteckt - ein gealterter "Trick", den man auch hätte bleiben lassen können. Türgriffe aber waren ja nie die Stärke des Twingo, und so kann man es mit etwas Galgenhumor durchaus als konsequent bezeichnen, dass an den vorderen Türen zwar die Fummelei mit dem versenkten Etwas entfällt, dafür aber nur ebenfalls unpraktische und unsichere Klappgriffe mit separatem Schloss Einzug halten.

Ansonsten aber gibt es am Design nicht viel auszusetzen. Der Twingo sieht, wir sagten es schon, gut aus: Knuffig, aber nicht mehr ganz so windig, kleinbereift und kindchenschemahaft wie einst; modern, aber nicht überzeichnet; dynamisch, aber in Maßen. Wesentliche Merkmale sind die nach wie vor dreifach gestapelten Lichter an der Front, die neu arrangiert sind: In der Mitte findet sich nun statt Stand- und Nebellicht wie schon in unserem Vorgänger-Fahrbericht "gefordert", ein Tagfahrlicht - sogar in LED-Technik, die es sonst in dieser Klasse kaum gibt. Die untenliegenden Blinker sind nun in den Scheinwerfern beheimatet und machen Platz für Nebelscheinwerfer in der Frontschürze.

Diese zeigt mehr lackierte Fläche als bisher, der Kühlergrill ist geschrumpft. Ganz eliminiert hat Renault die störende Fuge zwischen Motorhaube und Grill, die auch nicht dadurch besser wird, dass sie inzwischen selbst bei sogenannten Premium-Herstellern immer öfter die Frontpartie verschandelt. Die Flanke zeigt feiner ausmodellierte Türen, den Verzicht auf das Buckel-Heck und eine A-Säule, die nicht mehr durch den Türrahmen geteilt ist, außerdem breitere Schutzleisten, die dem Auto optisch mehr Kraft verleihen. Einzig die Griffmulde am Tankdeckel hätte man sich schenken können.

Am Heck blickt das Auge auf eine Heckscheibe, die geschwärzt fugenlos bis zum Stoßfänger reicht - eine gewisse Ähnlichkeit mit dem VW Up mag man erkennen. Ausgehend von den ersten Bildern hat Renault das Thema allerdings noch etwas feiner umgesetzt, weil die Rückleuchten in die Seite reichen und dem Wagen damit Breitenwirkung geben, und weil man den Heckklappengriff weniger sieht. Lediglich die Platzierung der dritten Bremsleuchte mag man sich aus Funktionalitätsgründen im schicken Dachspoiler und die Antenne etwas kürzer gewünscht haben.

Mehr als bisher beackert hat das Team um van Acker das Thema Individualisierung - und folgt damit dem einst vom Fiat 500 gesetzten Trend. So wird es diverse Klebesets geben, auch sind die Zierleisten an den Türschutzaufsätzen und am Kühlergrill sowie die Außenspiegelgehäuse in verschiedenen Farben erhältlich. Ganz so umfangreich wie etwa beim Opel Adam dürfte das Angebot nicht ausfallen, das tut aber auch nicht Not.

Gebaut wird der Twingo wie bisher (und künftig auch der Smart-Viersitzer) im slowenischen Novo Mesto, während die zweitürige Variante mit etwa drei Monaten Verzögerung nur als Fortwo bei Smart in Hambach vom Band rollen wird. Details zu Ausstattungen und Preisen liegen wie erwähnt noch nicht vor, aber es ist bei Renault, wo man die finanziellen Hürden schon immer niedrig angesetzt hat, nicht schwer vorauszusagen, dass der Grundpreis noch vierstellig sein wird. Für diese wie bisher knapp zehntausend Euro bekommen Kunden dann nicht nur das viel feinere Design serviert, sondern als Beilage auch die hinteren Türen, die moderneren Motoren mit EU6-Abgaseinstufung und gesenkten Verbrauchswerten und schließlich eine nicht nur um ESP erweiterte Ausstattung.

Kurzum: Nach allem, was man bisher sagen kann, hat Renault hier ein Auto auf die Räder gestellt, das sich mit einem Wort beschreiben lässt, ganz so wie vor über 20 Jahren das Ur-Modell: sympathisch. Den feinen Slogan hat ja irgendein übereifriger Marketing-Experte schon längst wieder abgeschafft, aber auf den neuen Twingo würde er so gut passen wie lange nicht: Renault - Créateur d'Automobiles.
text  Hanno S. Ritter
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