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Donnerstag, 28. März 2024
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1.000 Euro netto für Fließband-Arbeiter in der Fahrzeugproduktion

SWR-Film dokumentiert Lohndumping bei Daimler

Verdienen manche Mitarbeiter in der Mercedes-Produktion weniger als 1.000 Euro netto im Monat? Das jedenfalls berichtet ein SWR-Reporter aus eigener Erfahrung. "Das Erste" zeigt seine Dokumentation heute Abend im Fernsehen. SWR-Reporter Jürgen Rose hat herausgefunden, dass an den Fließbändern des Autobauers Daimler AG Menschen beschäftigt werden, die so wenig verdienen, dass sie davon nicht leben können und ihren Unterhalt durch Hartz-IV-Aufstockung sichern müssen.

Möglich wird dies der Recherche zufolge das sogenannte Werkverträge: Der Reporter ließ sich von einer Leiharbeitsfirma anstellen; diese verlieh ihn an eine Logistikfirma. Doch wurde er nicht für Transportarbeiten eingesetzt, sondern direkt am Fließband des Mercedes-Benz-Werkes in Untertürkheim, wo er Hand in Hand mit der Stammbelegschaft von Daimler zusammenarbeitete.

Rose verdiente bei seiner Arbeit am Fließband einen Stundenlohn von 8,19 Euro pro Stunde, das macht monatlich etwa 1.220 Euro brutto bzw. 990 Euro netto. Nach Angaben von Daimler-Betriebsräten liegt die niedrigste Tarif-Lohnstufe für die Daimler-Stammbelegschaft mit etwa 3.400 Euro knapp dreimal so hoch. Der Verdienst des SWR-Reporters als Billiglöhner war so gering, dass er als Familienvater mit vier Kindern Anspruch auf Hartz-IV-Aufstockung in Höhe von 1.550 Euro monatlich hatte.

Werden so immer mehr Arbeitsplätze nicht durch Lohn, sondern durch Steuermittel finanziert, fragt Roses Film. Der Arbeitsmarktforscher Prof. Stefan Sell von der Fachhochschule Remagen hält diese Konstruktion für eine Form der illegalen Arbeitnehmerüberlassung.

Daimler erklärte dem SWR auf Anfrage, man kaufe Dienstleistungen außerhalb des eigenen Kerngeschäfts ein. Die Tätigkeiten von Daimler-Mitarbeitern und die Tätigkeiten der Mitarbeiter von Drittfirmen seien voneinander abgegrenzt. Es gebe bei Daimler entsprechende Richtlinien und Vorgaben, die sämtliche arbeitsrechtlichen Belange berücksichtigten und die regelmäßig überprüft würden. Dass die Tätigkeiten zwischen billigen Mitarbeitern von Fremdfirmen und eigenen Stammkräften durchmischt seien, konnte der Vorsitzende des Daimler-Konzernbetriebsrats, Erich Klemm, nicht bestätigen. Er sagte auf Anfrage: "Wenn das so wäre, wie Sie das schildern, wäre es nicht in Ordnung und das Unternehmen muss das abstellen."
Dokumentation "Hungerlohn am Fließband: Wie Tarife ausgehebelt werden" von Jürgen Rose, Montag, 13.05.2013 um 20.15 Uhr im Ersten.
text  Hanno S. Ritter
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