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Gericht: Kein Grund zur Schlechterstellung von Fahrradfahrern ersichtlich
Urteil: Auch Fahrradfahrer haben Anspruch auf Nutzungsausfall
Nach Unfällen bekommen Autofahrer von der Versicherung des Unfallverursachers einen Leihwagen oder Nutzungsausfall
bezahlt. Ob dies auch für Fahrräder gelten kann, ist umstritten. Das Landgericht Lübeck
sagt: ja.
Der Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Fahrrads ist als ersatzfähiger Vermögensschaden anzusehen. Das gilt insbesondere
dann, wenn das Fahrrad regelmäßig für den Weg zur Arbeit benutzt wurde, hat das Landgericht Lübeck entschieden.
Die Rechtsprechung zur Nutzungsausfallentschädigung sei zunächst für die Fälle der entgangenen Nutzungsmöglichkeit bei
einem Kfz entwickelt worden, heißt es in der Begründung der Entscheidung (Urteil vom 08.07.2011, - 1 S 16/11 -).
Sie beruhe auf der Erwägung, dass der auf einen Mietwagen verzichtende vorsichtige und sparsame Eigentümer nicht
schlechter gestellt werden solle als derjenige, der einen Ersatzwagen anmietet. Voraussetzung für die Ersatzpflicht
sei ein Verlust der Möglichkeit, mithin eine fühlbare Beeinträchtigung der Nutzung.
Unter Zugrundelegung der BGH-Rechtsprechung, wonach ein Nutzungsausfall dann als ein zu ersetzender Vermögensschaden
anzusehen ist, wenn es sich um einen Gegenstand handelt, auf dessen ständige Verfügbarkeit der Berechtigte für die
eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist, folge man der Auffassung, dass auch der Verlust
der Nutzungsmöglichkeit eines Fahrrades als ersatzfähiger Vermögensschaden anzusehen sei, wenn Fahrräder regelmäßig
für den Weg zur Arbeit genutzt würden. Einen Grund, der es rechtfertigen würde, denjenigen, dessen für den Weg zur
Arbeitsstätte genutzter Pkw beschädigt wird, anders zu behandeln als denjenigen, dessen entsprechend genutztes Fahrrad
beschädigt wird, bestehe nicht.
Mangels Nutzungsausfalltabellen, wie sie für Pkw bestehen, ist die Höhe der Entschädigung laut dem Lübecker Richterspruch
unter Zugrundelegung des geschätzten Mietpreises für ein solches Fahrrad zu ermitteln. Da es sich hier um ein hochwertiges,
nur selten in einer Vermietung anzutreffendes Gefährt handelte, hielten die Richter dabei das Gutachten eines in der Vorinstanz
bestellten Sachverständigen für plausibel. Er schlug für die erste Ausfallwoche 99 Euro, dann für jeden weiteren Tag 12 bis 13
Euro und ab der 3. Woche die Hälfte des Tagesmietpreises vor. Das Ersatzfahrrad wurde erst 35 Tage nach dem Unfall geliefert.
Damit ergibt sich ein Mietpreis von 326,50 Euro. Dieser ist aber laut Richterspruch um den imaginären Gewinn des
Vermieters von 40 Prozent zu kürzen. Damit bekam der Mann für fünf Wochen fahrradfreie Zeit nicht einmal 200 Euro
zugesprochen.
text Hanno S. Ritter
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